Zwickau: Leute – hier passiert gerade was! Und zwar etwas Besorgniserregendes!
Autor_innen: Bündnis für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region / Alter Gasometer e.V.
Leute – hier passiert gerade was! Und zwar etwas Besorgniserregendes!
In den vergangenen Tagen haben verschiedene Medien und betroffene Personen über rechtsextreme Vorfälle in Zwickau berichtet. Da waren die Vorfälle und die Gesinnungsschau beim Simson-Treffen auf dem Flugplatz in Zwickau, die noch tags darauf in lokalen Presseberichten keine Erwähnung fanden. Überregionale Medien machten mit ihren Vorort-Recherchen auf die Vorfälle aufmerksam und diese damit auch zum Thema in Zwickau und leider auch mal wieder deutschlandweit. Ein Festival wird missbraucht und zur Plattform einer rechtsextremen Gesinnung. Das Erschreckende daran ist nicht mal mehr, dass es einzelne Menschen gibt, die in der Öffentlichkeit mit Hitlergrüßen oder NS-Sprüchen und Symboliken auftreten, sondern vor allem die Selbstverständlichkeit und Selbstsicherheit dahinter bei einem eigentlich doch „unpolitischen“ Festival – das sagt doch einiges aus! Der Fehlende Widerspruch auf dem Festival jedenfalls gibt ihnen Recht. Und das Zwickauer Image? Das fasst sich an den Kopf und denkt sich: Orr nee! Nicht schon wieder!
Nur eine Woche später lud der AfD-Kreisverband Maximilian Krah ein, der nachweislich in den Kreisen der Neuen Rechten verkehrt und vom Bundesamt für Verfassungsschutz als völkisch-nationalistisch, islamfeindlich, fremdenfeindlich und verfassungsfeindlich eingestuft wird. Das Zwickauer Image denkt sich: Leute! Gönnt mir doch wenigstens mal eine kurze Pause – ich muss mich noch vom letzten Wochenende erholen!
Und weiter fragt sich das Image: Spricht der Zwickauer AfD-Kreisverband diese Einladung eigentlich nicht trotz der genannten Einstufungen ein, sondern gerade deswegen? Denn: Wir reden hier nicht von einem vermeintlich gemäßigten Politiker – wir reden hier, wie schon bei Björn Höcke im Dezember 2022, von strammen Verfassungsfeinden. Müssen wir sogar davon ausgehen, dass Folgeerscheinungen des Auftritts bewusst in Kauf genommen werden?
Denn die gab es an diesem Tag zuhauf! Das zeigen u.a. die Redebeiträge und das Verhalten der Teilnehmer*innen. Am Rande der Wahlveranstaltung auf dem Zwickauer Hauptmarkt gab es sich wiederholende Störungen einer Kundgebung für ein friedvolles und respektvolles Zwickau. Trotz der gut organisierten Polizeipräsenz kam es mehrmals zu Provokationen seitens einiger Teilnehmer*innen der Wahlveranstaltung. Mehrfach verließen Gruppen junger Leute die Wahlveranstaltung und versuchten, in die benachbarte Kundgebung einzudringen. Die Jugendlichen, meist in schwarzer Kleidung, trugen AfD- sowie Anti-Antifa-Aufkleber auf ihrer Kleidung. Die umsichtig agierenden Polizist*innen drängten die Störer*innen zurück und schickten sie auf den Hauptmarkt. Auch die Provokation und der Versuch eines Influencers, mitten in der Kundgebung zu filmen und zu fotografieren, wurde unterbunden. Das Zwickauer Image versinkt vor Scham im Boden und denkt sich: Hoffentlich sieht mich niemand!
Diese Vorfälle mag der ein oder die andere noch unter „üblichem Kundgebungsgeschehen“ abtun. Was aber in der Folge passierte, stellt in der Zwickauer Kulturlandschaft ein Novum dar: Nach Beendigung der Wahlkampfveranstaltung entschied sich die Kunstplantage Zwickau aus Sicherheitsgründen dafür, ihre seit 14 Uhr laufende Open-Air-Veranstaltung abzubrechen, nachdem 30 Personen, die vorher noch die Wahlkampfveranstaltung besucht hatten, im Begriff waren, einen Techno-Rave des etablierten Zwickauer Kulturplayers anzugreifen. Aufmerksame Passant*innen, ein schnell eingreifender Veranstalter und die hinzugerufene Polizei konnten diesen Angriff verhindern. Die mutmaßlichen Angreifer*innen kamen aus dem Spektrum der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, welche vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird. Spätestens hier sagt das Zwickauer Image: Jetzt geht es nicht mehr um mich! Es geht um die Unversehrtheit der hier lebenden und feiernden Menschen!
Wir reden hier noch nicht einmal von einer politisch konnotierten Veranstaltung! Nicht, dass das den geplanten Angriff in irgendeiner Weise rechtfertigen könnte. Bemerkenswert aber ist diese Tatsache allemal, da so seit den 90er Jahren nicht mehr vorgefallen. Wir reden hier von einem ganz normalen Tanzabend – zumindest inhaltlich fernab vom Geschehen auf dem Hauptmarkt! Wo ist hier die Motivlage? Wo sind wir hingeraten? Wie groß muss der geschürte Hass sein? Was haben wir eigentlich beim CSD am 31.08.2024 in Zwickau zu befürchten?
Was nehmen wir mit? In letzter Zeit häufen sich Provokationen aus radikalen rechten Kreisen, sowohl online als auch bei öffentlichen Veranstaltungen. Besonders betroffen sind hierbei zivilgesellschaftliche Akteur*innen, die sich für ihre Stadt engagieren. Aber auch Politiker*innen, wie der zurückgetretene parteilose Landrat Dirk Neubauer aus Mittelsachsen oder die vogtländische Vize-Präsidentin des deutschen Bundestages Yvonne Magwas (CDU) kapitulieren. Auch gibt es nicht wenige Menschen, die sich ob dieser Entwicklungen bestärkt darin sehen, sich lieber nicht auf kommunaler Ebene politisch oder gesellschaftlich zu engagieren. All denen, die es trotzdem noch tun, gebührt unser größter Respekt. Unsere Solidarität gilt zudem allen Betroffenen und vor allem der Kunstplantage Zwickau, die verantwortungsbewusst handelte und die Sicherheit ihrer Gäste an erster Stelle setzte. Es ist entscheidend, dass die Stadtgesellschaft zusammensteht und sich gegen extremistische Tendenzen wehrt, um ein friedliches und inklusives Zusammenleben zu sichern. Wir wissen, dass es vieles Tolles in Zwickau gibt – aber hier braut was sich wieder etwas zusammen, was richtig Schaden anrichten kann und bereits tut. Am Menschen und am Image.
Wir haben großes Vertrauen in die lokalen Ordnungsbehörden und die Stadtspitze, dass sich diesem akuten Problem angenommen wird und zeitnahe Reaktionen und Maßnahmen zum Schutz der lokalen Kulturszene und Bevölkerung eingeleitet werden. Ebenso haben wir Hoffnung in den neu gewählten Stadtrat, sich in seiner ersten Sitzung mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Neben den vielen engagierten Menschen in Zwickau wird es uns sicher auch das Zwickauer Image danken, irgendwann…vielleicht…