Zivilgesellschaftliches Lagebild Antisemitismus: Sachsen
Autor_innen: Amadeu Antonio Stiftung
Bundesweit nehmen antisemitische Vorfälle im Laufe der vergangenen Jahre deutlich zu. Der Versuch des Attentäters vom 9. Oktober 2019, die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Halle/Saale mit Waffengewalt zu stürmen und die Mitglieder der Gemeinde zu ermorden, markiert einen traurigen Höhepunkt der antisemitisch motivierten Gewalt. Der Vorfall zeigt: Antisemitismus ist auch mehr als 70 Jahre nach der Ermordung von 6 Millionen Jüdinnen und Juden eine zentrale Herausforderung unserer Gesellschaft.
Das vorliegende zivilgesellschaftliche Lagebild gibt exemplarische Einblicke in unterschiedliche Facetten des Antisemitismus im Bundesland Sachsen. Im Fokus des Lagebildes stehen zivilgesellschaftliche und explizit jüdische Perspektiven auf Antisemitismus – und Forderungen, die sich daraus für den Kampf gegen den erstarkenden Antisemitismus ableiten. In Hintergrundgesprächen schildern Küf Kaufmann, Vorsitzender der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, und Dr. Ruth Röcher, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Chemnitz ihre Perspektiven auf Antisemitismus.
Wie wichtig der Blick auf den wachsenden Antisemitismus ist, zeigt die COVID-19-Pandemie. Denn derzeit erreichen Verschwörungsmythen im Netz ein Millionenpublikum. Seit Ende März begibt sich der Unmut über die vermeintliche Verschwörung der Mächtigen auf die Straße. Die Behauptung, eine mächtige, raffgierige Elite habe das Corona-Virus erfunden, um eine globale Diktatur zu errichten, mündet in Antisemitismus und NS-Vergleichen. „Die Corona-Krise macht die weitreichende Verbreitung von – in Teilen stark antisemitischen – Verschwörungsmythen sichtbar. Der Antisemitismus ist das Betriebssystem jedes verschwörungsideologischen Programms“, stellt die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, fest.
Das Lagebild liefert eine Bestandsaufnahme zum Antisemitismus in Sachsen. Ein Herzensanliegen sind uns die beiden ausführlichen Gespräche mit dem Vorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, Küf Kaufmann, und der Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, Dr. Ruth Röcher. Unser Dank gilt der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, die uns ihre Räumlichkeiten zur Durchführung des Netzwerktreffens zur Verfügung gestellt hat. Wir haben uns sehr über die herzliche Zusammenarbeit gefreut.
Der wachsende Antisemitismus ist eine massive Bedrohung jüdischen Lebens in Sachsen. Daher ist uns die Vernetzung aller, die sich gegen den Judenhass einbringen möchten und/oder von Antisemitismus betroffen sind, wichtig. In Zukunft würden wir uns über eine Intensivierung unserer Zusammenarbeit sehr freuen.