Willkommensbündnisse vor dem Aus: Wer an Integration spart, schädigt die Demokratie
Autor_innen: Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Der Sächsische Flüchtlingsrat zeigt sich alarmiert angesichts der finanziellen Kürzungen, die die Existenz von Willkommensbündnissen in Dresden bedrohen. Die Initiativen werden hauptsächlich im Ehrenamt getragen und leisten seit Jahren entscheidende Unterstützung für Geflüchtete. Damit sind sie elementar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Zeiten zunehmender sozialer Spaltung.
Finanzierungskrise gefährdet Unterstützungsstrukturen
Zu Beginn des Jahres kam der Schock: reihenweise wurden Anträge der Initiativen von der Stadt Dresden abgelehnt. Zuvor waren diese im Rahmen des „Lokalen Handlungsprogramms“ gefördert. Doch weil der Bundeshaushalt noch nicht beschlossen ist, blieben notwendige Mittel aus dem Programm „Demokratie leben!“ aus, und auch der kommunale Haushalt biete keine Spielräume. Nun fehlende Gelder treffen Initiativen, die dringend notwendige Unterstützungsangebote bereitstellen, wie Sprach- und Computerkurse, Begegnungscafés, Nachhilfe, Sportkurse und vieles mehr.
Anastasiia Ovcharenko aus Russland erklärt, warum diese Arbeit so notwendig ist: „Bei Willkommen in Löbtau bekomme ich viel Unterstützung, um mein Deutsch zu verbessern. Das hilft mir, mich sicherer zu fühlen und besser in der Gesellschaft anzukommen. Der Verein hilft mir, sich nicht wie eine Fremde zu fühlen.“
Ehrenamt im Stich gelassen
Die Willkommensbündnisse bestehen fast ausschließlich aus ehrenamtlich engagierten Menschen. Allein bei Willkommen in Löbtau e. V. und Willkommen in Johannstadt e. V. engagieren sich derzeit jeweils 70 bis 80 Ehrenamtliche. Pro Jahr erreichen sie mit Ihren Angeboten jeweils zwischen 1000 bis 1500 Menschen. „Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung ist jedoch die Arbeit der wenigen bezahlten Koordinator*innen. Sie übernehmen die gesamte Projektarbeit – vom Ehrenamtsmanagement bis zur Planung kleiner Feiern“, ergänzt Marie-Charlotte Lukas, Koordinatorin von Willkommen in Johannstadt e. V.
Zuletzt betonte auch der sächsische Koalitionsvertrag die Bedeutung des Ehrenamts. Beschönigende Rhetorik nützt allerdings wenig, wenn praktische Unterstützung fehlt. „Ohne verlässliche finanzielle Unterstützung für die notwendigen Rahmenbedingungen, wie Räumlichkeiten und Materialien, riskieren wir, dass viele Freiwillige überlastet werden und ihr Engagement nicht nachhaltig ist“, erklärt Janine Joachim, Vorständin bei Willkommen in Löbtau e.V.
Kürzungen schädigen die Demokratie
“Die Kürzungen gefährden nicht nur die Integration von Geflüchteten, sondern auch die Demokratie. Engagierte Menschen, die sich unermüdlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen, wird die Grundlage entzogen.“, kritisiert Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat. Denn: „Dadurch gewinnen rechte Narrative an Stärke, die behaupten, Geflüchtete seien „nicht integrationswillig“ – während gleichzeitig die notwendigen Strukturen für das Ankommen abgebaut werden. Das ist ein gefährlicher Teufelskreis.”
Die Kürzungen drohen damit, eine selbsterfüllende Prophezeiung zu werden: Während rechte Kräfte Integration als nicht funktionierend darstellen, erschweren fehlende Ressourcen tatsächlich eine erfolgreiche Eingliederung von Geflüchteten.
Der Sächsische Flüchtlingsrat e.V. fordert die kommunal Verantwortlichen eindringlich auf, alternative Finanzierungsmodelle zu prüfen und die Willkommensbündnisse in ihrer wichtigen Arbeit zu stärken. Ohne diese Strukturen steht nicht nur die Integration Geflüchteter, sondern auch der gesellschaftliche Zusammenhalt insgesamt auf dem Spiel.