Wiederentdeckt: Tagungsband „Wer schützt die Verfassung?“
Veröffentlichungsort: Dresden
Veröffentlichungsdatum: 09.2013
Seitenzahl: 232
Lizenz: CC-BY 3.0
Sprache der Veröffentlichung: deutsch
Mit
dem Titel unserer Tagung und Publikation war und ist eine doppelte
Fragestellung vorgegeben. Unmittelbar ist die kritische
Auseinandersetzung mit der staatlichen Institution dringend notwendig,
die diesen Namen trägt und die Aufgabe hat, die Verfassung zu schützen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wovor die Verfassung geschützt
werden muss und wer sie wie am besten schützen kann.
Der andere Grund
ist natürlich der aktuelle Anlass, der uns alle erschüttert hat und
noch erschüttert: Die Aufdeckung der 10jährigen Mord- und
Verbrechensserie einer ausländerfeindlichen Terrorgruppe, die sich
Nationalsozialistischer Untergrund nannte. Und die unklare der Rolle der
Verfassungsschutzämter in diesen Jahren und nun bei der Aufarbeitung
des Handelns bzw. Nichhandelns der Sicherheitsbehörden. Dabei ist
inzwischen klar, dass die NSU-Affäre und die verschleppte Aufklärung
durch die Verfassungsschutzämter nur die Spitze eines Eisbergs
ungeheuerlicher Skandale rings um diese Behörden sind.
Die 18
Beiträge skizzieren zunächst aus Sicht der Untersuchungsausschüsse in
Sachsen, Thüringen, Sachen-Anhalt und Berlin die aktuellen Erkenntnisse.
Die Kritik wird durch Wissenschaftler_innen, NGOs und Journalist_innen
ergänzt. Es wird deutlich, dass neben den aktuellen Missständen
grundsätzlich die Ämter weder als Frühwarnsystem funktionieren, noch
dass sie ein gutes Bild über Demokratiegefährdungen zeichnen können oder
geeignet wären Demokratiebildung zu leisten.
Eine gute Ergänzung zu unserer Publikation ist das Memorandum
Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein!
erarbeitet von Dr. Rolf Gössner, Johann-Albrecht Haupt, Dr. Udo Kauß, Dr. Till Müller-Heidelberg und Thomas von Zabern
herausgegeben von
Humanistische Union, vereinigt mit Gustav
Heinemann-Initiative, Internationale Liga für Menschenrechte und
Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen (Hg.)
mit Unterstützung von
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung,
Chaos Computer Club, digitalcourage e.V., Forum InformatikerInnen für
Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Komitee für Grund-
rechte und Demokratie
Inhaltsverzeichnis:
Grit Hanneforth/ Michael Nattke/ Stefan Schönfelder
Einleitung
Übersichten
Claus Leggewie und Horst Meier
«Verfassungsschutz» – Über das Ende eines deutschen Sonderwegs
Martin Kutscha
Der Verfassungsschutz – unverzichtbarer Baustein
der Sicherheitsarchitektur Deutschlands?
Heribert Prantl
Wer schützt die Verfassung vor dem Verfassungsschutz? – Eine Anklage
Kritiken
Albrecht Maurer
Untersuchungsausschüsse
kommen und gehen, der Verfassungsschutz bleibt bestehen. Ein Beitrag zu
dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU
Miro Jennerjahn
Der sächsische Verfassungsschutz: Ein Frühwarnsystem?
Steffen Trostorff/ Martina Renner/ Paul Wellsow
Thüringen: Lückenlose Aufklärung?
Ein Zwischenfazit zum NSU und dem Thüringer Geheimdienst
Sebastian Striegel
Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes.
Kerstin Harzendorf
Verfassungsschutz und Daten.
Michael Kohlstruck
Bürgernähe und Bürgerkontrolle schließen sich aus –
Der Verfassungsschutz überspannt den Bogen
Gregor Wiedemann
Verfassungsschutz
durch Aufklärung? – Zum Widerspruch von politischer Bildungsarbeit und
geheimdienstlicher «Extremismusprävention»
Andrea Hübler
«Ich sehe etwas, was du nicht siehst.» – Zur Erfassung rechter Gewalt
Politische Praxis
Verena Schäffer und Ulrike Neuhaus
Verfassungsschutz in der Praxis von Nordrhein-Westfalen.
Helge Limburg und Korbinian Deuchler
Verfassungsschutz in Niedersachsen.
Sabine Friedel
Brauchen wir einen sächsischen Verfassungsschutz?
Perspektiven jenseits der Ämter
Alexander Stärck und Frank Schubert
Demokratiebildung nach dem Verfassungsschutz
Friedemann Bringt
Der beste Verfassungsschutz sind die Bürger_innen selbst
Johannes Kiess
Demokratiemonitoring: mehr als Geheimdienst und Serviceleistung
Johannes Lichdi
Der «Verfassungsschutz» – Fremdkörper in der Demokratie