Was wir gegen Rassismus tun können

Autor_innen: Viola Schmidt für Amadeu Antonio Stiftung

Black Lives matter (Quelle: Maria Oswalt-unsplash)

Der gewaltsame Tod von George Floyd, in den USA hat auch in Deutschland zu einer verstärkten Debatte um Rassismus, Polizeigewalt und strukturelle Ungleichheit geführt. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die tödlichen Folgen von Rassismus und reiht sich ein in eine Vielzahl von Fällen rassistischer Polizeigewalt gegenüber Schwarzen Menschen. Die Ermordung von Georg Floyed und vielen anderen BPoC (Black and People of Color) ist nur die äußerste Spitze rassistischer Gewalt. Umso wichtiger, dass wir Rassismus in all seinen Erscheinungsform entgegentreten.

Rassismus findet sich offen und versteckt in Talkshows, Nachrichten oder in der Zeitung, wenn über Menschengruppen herablassend gesprochen und geschrieben wird. Er findet sich bei der Wohnungs- und Ausbildungsplatzsuche, wenn Menschen mit deutsch klingendem Namen viel wahrscheinlicher einen Platz bekommen als andere. Er wird sichtbar, wenn Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln durch Blicke oder Äußerungen abgewertet werden oder wenn Polizeibehörden aufgrund rassistischer Zuschreibungen jahrelang in die falsche Richtung ermitteln. Rassismus zeigt sich in Kinderbüchern, auf dem Schulhof oder auf Facebook. Der rassistische Anschlag in Hanau, bei dem 10 Menschen ermordet wurden und die Anschlagsserie des NSU, bei der neun Menschen aus rassistischen Gründen ihr Leben verloren, offenbaren die schlimmsten, tödlichen Folgen von Rassismus.

Gegen all diese Formen von Rassismus vorzugehen bedeutet,  gemeinsam unsere demokratische Gesellschaft und die Gleichwertigkeit aller Menschen zu verteidigen. Mit diesen Tipps, kann das im Alltag gelingen:

Was wir alle gegen Rassismus tun können

Solidarisieren Sie sich mit Personen, die von diskriminierenden und menschenverachtenden Anfeindungen betroffen sind. Es gibt viele Möglichkeiten, an der Seite von Menschen mit Rassismuserfahrungen zu stehen: Zuhören, Unterstützung anbieten, sich mit der eigenen gesellschaftlichen Position auseinandersetzen und Bündnisse bilden sind nur einige davon.

Erkennen Sie Rassismus, auch wenn Sie nicht davon betroffen sind, in seinen strukturellen, alltäglichen und gewalttätigen Formen. Um eigene Vorurteile zu reflektieren hilft es zu überlegen: Wie teile ich selbst Menschen in Gruppen ein und warum? Wann verwende ich Worte, die andere – vielleicht, ohne dass ich es will – verletzen oder ausgrenzen? Wenn ich andere frage: „Wo kommst du her? Also ich meine, wo kommst du wirklich her?“, dann signalisiere ich: „Du bist anders. Du gehörst hier eigentlich nicht hin.“ Menschen sollten nicht dazu aufgefordert werden, die eigene Herkunft zu erklären/zu rechtfertigen. Genauso wenig sollten sie nach äußerlichen oder (vermeintlichen) kulturellen Merkmalen eingeteilt und als weniger wert oder weniger gut als ein weiß*  imaginiertes “wir” eingestuft werden.

Rassismus beim Namen nennen: Begriffe wie „Ausländerfeindlichkeit“ und “Fremdenfeindlichkeit“ verschleiern, dass Menschen nicht deshalb angefeindet werden, weil sie aus dem Ausland kommen, sondern weil sie aufgrund rassistischer Kriterien beurteilt werden. Diskriminierung aufgrund von Rassismus ist häufig mit anderen Diskriminierungsformen verknüpft (z.B. mit Sexismus oder der Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft). Nehmen wir Artikel 1 des Grundgesetzes ernst, müssen sowohl Alltagsrassismus als auch institutioneller/struktureller Rassismus in seinen alltäglichen wie auch gewalttätigen Formen klar benannt und bekämpft werden, sei es auf der Straße, im Familienkreis, bei der Polizei, in Behörden, Gerichten, Schulen oder auf dem Wohnungsmarkt.

Austausch über Rassismuserfahrungen: Rassismuserfahrungen führen oft zu Verunsicherung und Gefühlen von Alleinsein. Sich mit anderen austauschen, eigene Erfahrungen in geschützten Räumen teilen und so verschiedene Betroffenenperspektiven kennenlernen ist oft hilfreich. Das Wissen und das Engagement anderer Betroffener kann empowernd wirken und neue Möglichkeiten eröffnen. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt Sie, wenn Sie sich gemeinsam gegen Diskriminierung wehren möchten.

Rechtspopulistische Positionen und Argumentationsweisen analysieren hilft, rassistisches Gedankengut zu identifizieren. Lassen Sie sich nicht vom Vokabular der Rechtspopulist*innen verwirren: „Ethnopluralismus“ enthält zwar nicht das Wort „Rasse“, meint aber dasselbe: “Deutschland den Deutschen”. Statt „Rasse“ stehen hier „Kultur“, „Volk“ oder „Ethnie“. Rechtspopulist*innen und Rechtsextreme propagieren rassistische Instrumentalisierungsversuche auf der Basis vermeintlicher Frauen-, Kinder- oder Homosexuellenrechte. Um diese Strategie zu wissen ermöglicht es, das Vorgehen schneller einordnen und verurteilen zu können.

Sich positionieren: „Rasse“ ist ein wirkmächtiges Konstrukt und erfüllt auch heute eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Er erklärt scheinbar, warum nicht-weiße Menschen in Deutschland – jene, die als nicht-deutsch, also vermeintlich nicht wirklich zugehörig angesehen werden – anders als weiße Deutsche meistens weniger bis keine gesellschaftlichen Zugänge zu wichtigen Ressourcen haben. Nicht-weiße können beispielsweise oft nicht an Wahlen teilnehmen, sind kaum oder schlecht in den Medien repräsentiert und müssen häufiger ohne Staatsbürger*innenschaft leben, was eine Diskriminierung in fast allen Lebenslagen zur Folge hat. Rassismus verfestigt also ungerechte Machtverhältnisse. Aus diesem Grund bleibt es wichtig immer wieder darauf hinzuweisen, dass es keine biologischen “Rassen” gibt, und eine Abwertung bestimmter Gruppen menschen- und demokratiefeindlich ist.

Vorurteilen und Zuschreibungen widersprechen macht deutlich, dass Sie rassistische, abwertende und verachtende Aussagen nicht teilen. Es lässt sich nicht am Aussehen anderer erkennen, wie diese sind und ob sie sich zugehörig oder fremd in einer Gesellschaft fühlen sollen. In Diskussionen geht es nicht immer darum, den oder die Gegenüber zu überzeugen. Wichtiger ist oft, gegenüber Umstehenden, die unsicher sind, deutliche Positionierungen und eine klare Haltung zu zeigen. Die Menschenrechte müssen jedoch stets Grundvoraussetzung für den demokratischen Diskurs sein. Diese Grenzen des Sagbaren sind dort erreicht, wo Menschen aus rassistischen Gründen ausgegrenzt werden.

Reflektieren: Nicht von Rassismus betroffen zu sein, ist mit sozialen, politischen und kulturellen Privilegien verbunden. In Hinblick auf die Partizipation an gesellschaftlichen Ressourcen profitieren Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind – und zwar unabhängig davon, wie sie persönlich zu diesen Ideologien stehen. Reflektieren Sie als weiße Deutsche Ihre eigene gesellschaftliche Position und Ihre rassistische Prägung in der Sozialisation.

* weiß dient nicht zur Bezeichnung einer Hautfarbe, sondern zur Kennzeichnung der politischen Position, in der Menschen keine Rassismuserfahrungen machen.

Sich engagieren

Sich gegen Rassismus einsetzen bedeutet, unsere demokratische Gesellschaft zu verteidigen. Rassismus hat viele Gesichter und drückt sich beispielsweise als Feindschaft gegenüber geflüchteten Menschen, gegenüber Sinti und Roma sowie als antimuslimischer Rassismus oder Antisemitismus aus.

  • In Initiativen engagieren – Setzen Sie sich für eine demokratische Zivilgesellschaft ein, indem Sie sich in einer der vielen Initiativen und (Selbst-)Organisationen engagieren, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte, gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt engagieren. Oder gründen Sie selbst eine Initiative mit Gleichgesinnten: Die Amadeu Antonio Stiftung berät, fördert und vernetzt Projekte.
  • Austauschen – Der Austausch über eigene Rassismuserfahrungen in geschützten Räumen kann hilfreich sein und empowern. Die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt Sie, wenn Sie sich gemeinsam gegen Diskriminierung wehren möchten.
  • Diskutieren – Diskutieren Sie und beziehen Sie in Auseinandersetzungen klar Position gegen Rassismus. Gewalt und Menschenfeindlichkeit finden nicht nur auf der Straße statt, sondern auch im Netz. Informieren Sie sich zum Umgang mit Hate Speech und „Fake News“/Desinformation – auch darüber, wie Sie sich selbst online schützen können.
  • Räume prägen – Sie wollen Räume nicht Demokratiefeind*innen überlassen? Zeigen Sie zum Beispiel durch Demonstrationen, dass rechtsextremes und rechtspopulistisches Gedankengut in unserer Gesellschaft unerwünscht sind.
  • Willkommenskultur gestalten – Das entzieht Rechtsextremen und Rechtspopulist*innen den Nährboden für ihre Hetze.
  • Vernetzen – Der Kampf für Menschenrechte und eine demokratische Zivilgesellschaft ist schwieriger, wenn alle alleine und an unterschiedlichen Ecken arbeiten. Daher ist es sinnvoll und hilfreich, sich mit anderen demokratischen Akteur*innen zu vernetzen.
  • Eintreten – für die bedingungslose Gleichwertigkeit aller Menschen. Insbesondere zur Unterstützung pädagogischer Fachkräfte haben wir hierfür zahlreiche Handreichungen verfasst (z.B. „Läuft bei dir“. Konzepte, Instrumente und Ansätze der antisemitismus- und rassismuskritischen Jugendarbeit, 15 Punkte für eine Willkommensstruktur in Jugendeinrichtungen).

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Amadeu Antonio Stiftung

Die Amadeu Antonio Stiftung reagiert auf eine rechtsextreme Alltagskultur, die sich vor allem in den neuen Bundesländern verankert hat. Das Ziel der Stiftung ist es, eine zivile Gesellschaft zu stärken, die dem Problem entschieden entgegentritt. Dafür unterstützt sie Initiativen und Projekte, die kontinuierlich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus vorgehen, sich für eine demokratische Kultur engagieren und für den Schutz von Minderheiten eintreten. Die wichtigste Aufgabe der Amadeu Antonio Stiftung: Lokale Akteurinnen und Akteure über eine finanzielle Unterstützung hinaus zu ermutigen, ihre Eigeninitiative vor Ort zu stärken. Du findest unsere Arbeit wichtig? Unterstütze uns jetzt mit einer Spende!

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