TolSax Update | Oktober 2024

Im Editorial des Oktober-Newsletters 2024 äußert sich Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung zu den Ergebnissen der sächsischen Landtagswahl und ruft die Zivilgesellschaft dazu auf, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen, weiterhin Verbündete zu suchen, Netzwerke aufzubauen und gemeinsame Ziele zu setzen. Denn: „Die demokratische Zivilgesellschaft in Sachsen wird ein kritischer Begleiter der nun folgenden 8. Wahlperiode des Sächsischen Landtags sein.“ Wie immer findet Ihr im Newsletter noch mehr Termine, Fördertipps und weitere Anregungen für Euer Engagement in Sachsen!


Editorial von Benjamin Winkler | Amadeu Antonio Stiftung

Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,

Sachsen hat gewählt. Wie geht es jetzt weiter?

Am 1. September 2024 wählte Sachsen einen neuen Landtag. Wie im Vorfeld erwartet wurde, gab es auch am Wahlabend das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen sächsischer Union und rechtsextremer AfD. Zugleich müssen auch die 2.2% Zweitstimmenanteile der ebenfalls rechtsextremen Freien Sachsen beachtet werden. Zählt man diese mit den AfD-Zahlen zusammen, zeigt sich ein derzeitiges Wähler_innen-Potenzial von 33% für rechtsextreme Parteien in Sachsen. Es gibt also keinen Grund für Entwarnung.

Im Sinne einer pluralen Demokratie positiv ist das Ergebnis der so genannten kleinen, demokratischen Parteien. SPD, B90/Grüne und LINKE konnten zusammen knapp 17% der Zweitstimmen oder 23 Sitze im Landtag erringen. Das erstmals neu angetretene Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) schaffte es aus dem Stand auf 11,8% der Zweitstimmen und sicherte sich 15 Sitze im Dresdner Landtag. Ebenfalls positiv ist die hohe Wahlbeteiligung: Am 1. September nahmen knapp 75% der Sachsen und Sächsinnen an den Landtagswahlen teil. Dies stellte den höchsten Anteil seit 1990 bei den Landtagswahlen dar.

Ein Blick auf die Wahlergebnisse in den Regionen zeigt die vorhandene Spaltung des Freistaates. Während es die Rechtsextremen in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz nicht schafften, ein Direktmandat zu erringen, gelang ihnen dies in vielen ländlich geprägten Wahlkreisen. Hohe Stimmen bekam die AfD vor allem in den Landkreisen Bautzen, Görlitz, in der Erzgebirgsregion, in Teilen von Nordsachsen und Mittelsachsen. Teilweise lag der Wert für die Rechtsextremen bei deutlich über 40% der Stimmen. Die Freien Sachsen konnten ihre groß beworbene Zweitstimmen Kampagne nicht erfolgreich anbringen. Zwar gelang ihnen mit 2.2% der Stimmen ein Achtungserfolg, aber offenbar haben auch viele Anhänger*innen der Reichsbürger- und Neonazi-Partei lieber „blau“ gewählt. Das ändert nichts daran, dass die Freien Sachsen vor allem in der Erzgebirgsregion eine relativ starke Zustimmung erfahren.

Die Zivilgesellschaft in Sachsen begleitete die Wahlen mit vielen Aktionen und Kampagnen. Sie versuchte viele Menschen davon zu überzeugen, am 1. September 2024 eine demokratische Kraft zu wählen. Nach Auskunft vieler unserer Mitglieder haben die regionalen Initiativen und Aktionen durchaus Zuspruch erfahren. Bereits im Frühjahr 2024, nachdem bekannt wurde, dass Rechtsextreme an der „Remigration“ von Millionen zugewanderter Menschen arbeiten, bekamen zivilgesellschaftliche Bündnisse in Sachsen und ganz Deutschland starken Zulauf. Dieser Trend setzte sich während der Wahlbegleitung fort. Zwar wird manche das hohe Abschneiden der rechtsextremen AfD einschüchtern oder demotivieren, aus vielen Orten und Regionen hören wir aber ein lautes: „Wir machen weiter!“.

Zugleich sollte die Sensibilität bestehen, dass hohe rechtsextreme Wahlergebnisse oder bestehende rechtsextreme Dominanzen in den Regionen zuerst Menschen bedrohen und ängstigen, welche nicht in das menschenverachtende Weltbild der Rechtsextremen passen. Es ist wichtig, dass in den nächsten Tagen und Wochen vor allem hier Solidarität geübt wird – zum Beispiel gegenüber Geflüchteten, Zugewanderten, People of Color oder LGBTQI-Menschen in Sachsen. Auch ist klar: Die Ausgrenzung gegenüber diesen Menschen geht nicht nur von den Rechtsextremen aus, wie der unsägliche Diskurs zum Thema Migration und Islamismus zeigt.

Sachsen nach den Wahlen heißt für die Zivilgesellschaft vor allem: Sich auf die eigenen Stärken besinnen, weiterhin Verbündete suchen, Netzwerke aufbauen und gemeinsame Ziele setzen. Die demokratische Zivilgesellschaft in Sachsen wird ein kritischer Begleiter der nun folgenden 8. Wahlperiode des Sächsischen Landtags sein. Viel Freude bei der Lektüre des Oktober-Newsletters wünscht

Benjamin WInkler | Amadeu Antonio Sttiftung | Benjamin.Winkler@amadeu-antonio-stiftung.de

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Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.

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