TolSax Update | März 2024
Im Editorial unseres März-Newsletters erinnern Daniela Reimer und Raja-Léon Lange des Fachnetzwerks gegen Antisemitismus in Sachsen an die gesamtgesellschaftliche Bedeutung, entschlossen gegen antisemitische Diskriminierung und Gewalt einzutreten und werben für Solidarität und Widerstand gegen jegliche Formen von Antisemitismus, Widerstand gegen jegliche Menschenfeindlichkeit, Widerstand gegen jegliche demokratiegefährdenden Positionen. Zudem enthält der Newsletter wie gewohnt Termine, Fördertipps und weitere Anregungen für Euer Engagement in Sachsen!
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Editorial von Daniela Reimer und Raja-Léon Lange, Koordination Fachnetzwerk gegen Antisemitismus in Sachsen
Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,
Am 27.01.24, dem internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, wird in Leipzig am Hauptbahnhof die Wanderausstellung „Gegen das Vergessen“ des italienischen Künstlers Luigi Toscano eingeweiht. Das Projekt zeigt großformatige und zutiefst eindringliche Porträts von Holocaust-Überlebenden. Bereits wenige Stunden nach Aufbau werden mehrere Bilder auf dem Willy-Brandt-Platz mit Hitler-Bärten beschmiert. Eines der Fotos im Bahnhof wird einige Tage später gar aufgeschlitzt vorgefunden. Wenige Tage zuvor wird die Zerstörung der Gedenkstele für den jüdischen Fußballclub SK Bar Kochba Leipzig entdeckt. Sie erinnerte an die am 09.11.1938 zerstörte Geschäftsstelle des Vereins und seine verfolgten, vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitglieder. Am 11.02.2024, auf der alljährlichen Neonazi-Demonstration anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Dresdens, finden antisemitische Narrative auf Bannern und in Redebeiträgen in aller Öffentlichkeit Ausdruck. Die ca. 900 Teilnehmenden können ihren Aufmarsch durch Dresden trotzdem durchführen. Diese Liste ließe sich lange fortführen.
Antisemitische Bedrohung und Gewalt nehmen zu, nicht erst, aber insbesondere seit dem Massaker der Hamas am 07.10.2023. Eine Umfrage des Zentralrats der Juden vom Dezember 2023 zu den Auswirkungen des Krieges in Israel auf jüdische Gemeinden in Deutschland stellt fest: „Die momentane Lage bringt die jüdischen Gemeinden an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit.“ Antisemitische Vorfälle haben sich nach RIAS e.V. zwischen dem 7.10. und 9.11.2023 im Vergleich zum Durchschnitt des Vorjahres vervierfacht. Das Beratungsaufkommen der Beratungsstelle Ofek e.V. für Betroffene von Antisemitismus hat sich im gleichen Zeitraum sogar verzwölffacht. Mit Erschrecken ist dabei festzustellen, dass selbst in universitären Kontexten, Räumen des kritischen Denkens und der Reflexion, unsensible bis hin zu Antisemitismus reproduzierende Diskurse geführt werden, die das beschriebene Gefühl der Unsicherheit unter Jüd:innen auf fatale Weise verstärken.
Gleichzeitig beobachten wir auch bedeutende Momente und Bewegungen von Solidarität und Zivilcourage. Die oben erwähnten Schmierereien auf den Porträts der Holocaust-Überlebenden wurden nach kurzer Zeit von Passant:innen gereinigt. Auch in der genannten Umfrage des Zentralrats der Juden äußern 60% der Befragten, Unterstützung und Solidarität seitens der Bevölkerung und Zivilgesellschaft zu erfahren. An Universitäten in Sachsen gründen sich Initiativen, die antisemitischen Haltungen an Hochschulen öffentlich widersprechen. An vielen Schulen steigt die Nachfrage nach Bildungsangeboten zu Antisemitismus, in Studiengängen der sächsischen Polizei ist das Thema seit Herbst 2023 fest verankert. Diese und andere Beispiele zeigen: es gibt ein wachsendes Problembewusstsein.
Entschlossenes Eintreten gegen antisemitische Diskriminierung und Gewalt, wo auch immer sie uns begegnen, und eine Solidarisierung mit Jüd:innen sind von essentieller gesamtsgesellschaftlicher Bedeutung. Demokratie lebt von aktiver Teilnahme und, gerade in Zeiten wie diesen, von entschiedenem Widerstand. Widerstand gegen jegliche Formen von Antisemitismus, Widerstand gegen jegliche Menschenfeindlichkeit, Widerstand gegen jegliche demokratiegefährdenden Positionen.
In diesem Sinne wünschen wir euch viel Erfolg bei all euren Projekten und eine interessante Lektüre des TolSax-Newsletters!
Daniela Reimer und Raja-Léon Lange, Koordination Fachnetzwerk gegen Antisemitismus in Sachsen | Fachnetzwerk@ariowitschhaus.de
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Auf unserer Website unter Koordination erfahrt Ihr, welche Mitarbeiter_in aus der TolSax-Koordination für welche Eurer Fragen die richtige Ansprechperson ist.
Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.
Wir freuen uns immer über Eure Beiträge für den Newsletter – am liebsten als Link zum originalen Posting! Redaktionsschluss ist in diesem Monat ausnahmsweise der 25.