Stiftungsdirektor beerdigt Geschichtslehrpfad in Zeithain
Autor_innen: Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e.V.
Ohne Rücksprache mit den Beteiligten wurden 500.000 Euro Fördermittel an andere Projekte umgeleitet. Wir protestieren entschieden gegen die Entscheidung Dr. Piepers zur Umwidmung der Fördermittel und fordern die Stiftungsgremien zur schnellstmöglichen Rücknahme dieser Maßnahme auf. Mit der Entscheidung wird der politische Wille des sächsischen Landtages aus dem Jahr 2021 verfälscht. Mittel, die nicht auf Initiative der Stiftung, sondern des Fördervereins zur Verfügung gestellt worden sind, wurden umgewidmet. Es ist uns nicht begreiflich, wie eine solche Entscheidung der Legislative einfach durch die Exekutive umgeworfen werden kann.
Alle Stiftungsgremien wie auch die Projektpartner im politischen und öffentlichen Raum waren nicht einbezogen und haben davon erst mit dreimonatiger Verzögerung auf Mitteilung Dr. Piepers an den Gedenkstättenleiter Jens Nagel nachträglich erfahren. Diese Kommunikation ist in einer demokratisch verfassten Gesellschaft nicht akzeptabel und zeugt von undemokratischem Obrigkeitsdenken bei einer Stiftung, die angesichts ihres historisch-politischen Bildungsauftrages besonders zur Einhaltung demokratischer Entscheidungsfindung und -umsetzung angehalten ist. Damit missachtet Dr. Pieper nicht nur den Willen des Sächsischen Landtages, sondern auch das jahrelange Engagement vieler freiwilliger und ehrenamtlicher Helfer, insbesondere des Fördervereins, die sich schon seit gut 20 Jahren um das ehemalige Lagergelände in ehrenamtlichen Einsätzen kümmern. Ein solcher Umgang mit den ehrenamtlichen Partnern der Stiftung ist skandalös. Hinzu kommt, dass der am 12. März 2024 in Zeithain tagende Stiftungsbeirat, der auch das ehemalige Lagergelände besuchte, nichts von einer eventuellen Umwidmung der Mittel erfuhr. Transparenz und Partizipation zivilgesellschaftlicher Gruppen sehen anders aus.
Die von Dr. Pieper als Ersatz in Aussicht gestellte nochmals abgespeckte „Minimalstvariante“, umzusetzen mit den sowieso unzureichenden Haushaltsmitteln der Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain für den normalen Gedenkstättenbetrieb und unter möglichem Verzicht auf jegliche Baumaßnahmen auf dem Lagergelände, liefe auf ein Projekt ad calendas graecas hinaus – also zum Sankt Nimmerleinstag. Es ist nicht umsetzbar und wäre zudem didaktisch völlig unzureichend, da es Umfang und Bedeutung dieses Massenverbrechens immer mehr verdecken statt auszuleuchten würde.
Wir bitten daher alle, uns in unserem Bemühen um die Rückgängigmachung dieser Entscheidung des Stiftungsdirektors zu unterstützen und die sächsische Exekutive aufzufordern, ihre Entscheidung zu revidieren. Sollte das nicht mehr möglich sein, fordern wir die Stiftung unverzüglich zur Beantragung von Fördermitteln auf, z.B. als Projektförderung vom Bund und vom Land Sachsen aus deren Haushalten jeweils 500.000 Euro zur Verfügung zu stellen, da sich die Kosten inzwischen erheblich erhöht haben.
Begründung
Worum geht es beim Geschichtslehrpfad im Kern? Auf dem ehemaligen Lagergelände des Kriegsgefangenenlagers und späteren Reservelazaretts Zeithain sind etwa 30.000 Kriegsgefangene gestorben und unter teils fürchterlichen Bedingungen krepiert. Es handelt sich hier vor allem um Kriegsgefangene aus allen Nationalitäten der ehemaligen Sowjetunion, einschließlich jüdischer sowjetischer Kriegsgefangener, sowie um Kriegsgefangene aus mehreren anderen Staaten Europas, die hier von 1941 bis 1945 verstarben. Es ist der größte Tatort für Verbrechen an Kriegsgefangenen in Deutschland, ein Ort nationalsozialistischer Massenverbrechen in Verantwortung der Wehrmacht und der Todesort mit der höchsten NS-Opferzahl in Sachsen. Dies gilt es in Erinnerung zu rufen und den historischen Ort Besucherinnen und Besuchern zugänglich und erfahrbar zu machen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Förderverein Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain e. V. aus Zeithain