Sächsischer Flüchtlingsrat äußert Kritik am neuen Koalitionsvertrag
Autor_innen: Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Kritik am Koalitionsvertrag: Abschottung statt Schutz und Perspektiven
Der Sächsische Flüchtlingsrat zieht eher kritische Bilanz am kürzlich vorgestellten Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU in Sachsen. Positiv zu benennen ist das Festhalten an Beratungsstrukturen und die geplante Entbürokratisierung Integrativer Maßnahmen. Zahlreiche Pläne zur Verschärfung von Abschiebungen und Grenzkontrollen sind aber vor allem ein Signal an rechtspopulistische Wählergruppen und lassen humanitäre Grundsätze außer Acht.
„Wir begrüßen das Bekenntnis zur unabhängigen Asylverfahrensberatung sowie zur Entbürokratisierung der Integrativen Maßnahmen als Förderkonzept“, erklärt Geschäftsführerin Angela Müller „Gleichzeitig nehmen wir den überspitzen Fokus auf das Thema Migration und die verkürzte Behandlung des Themas Integration deutlich wahr und warnen vor einer Politik der Abschottung und Abschreckung.“
Einseitige Prioritäten zulasten der Geflüchteten
Obwohl der Koalitionsvertrag behauptet, Humanität und Ordnung zu verknüpfen, zeigen die konkreten Maßnahmen ein anderes Bild. Der Fokus auf beschleunigte Abschiebungen – auch aus Erstaufnahmeeinrichtungen, mehr Abschiebungshaft und eine eigene Grenzpolizei betont die Abschottung und ignoriert die Notwendigkeit einer nachhaltigen Integrationspolitik.
„Die flächendeckende Einführung restriktiver Maßnahmen wie die Bezahlkarte für Geflüchtete verfestigten eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der Asylsuchende unterhalb des Existenzminimums leben“ kritisiert Geschäftsführerin Müller. Auch eine geplante Trennung von Flüchtlingspolitik und Arbeitsmigration ist paradox, wenn gleichzeitig Regelungen wie das Chancenaufenthaltsrecht umgesetzt werden sollen.(1) Die Arbeitsverpflichtung von Menschen im Asylverfahren und die Ausweitung der Wohnsitzverpflichtung in Erstaufnahmeeinrichtung verstehen wir als Drangsalierung anstelle echter Integrationspolitik“, erklärt Dave Schmidtke, Pressesprecher des Flüchtlingsrates.
Kein Wort zu aktuellen Fluchtursachen
„Während der Krieg in der Ukraine weiter eskaliert und Syrien sich im kompletten Umbruch befindet, gibt es kein einziges Wort zu aktuellen Fluchtursachen. Stattdessen wird die Einrichtung einer eigenen Grenzpolizei forciert. Wer aber Realitäten erzwungener Fluchtmigration verschweigt, manifestiert flüchtlingsfeindliche Einstellungen vieler Sachsen“, so Schmidtke weiter.
Es wird der Eindruck erweckt Fluchtmigration ist lediglich einzudämmen, ohne über den Alltag in Hauptherkunftsländern zu sprechen. Schmidtke dazu: „Flucht ist kein rein bürokratischer Verwaltungsakt – auch an Sächsischen Grenzen wird zukünftig über das Schicksal von verzweifelten Menschen entschieden. Die Unvorhersehbarkeit von Migration ist Teil ihrer selbst und verlangt Flexibilität.“
Forderungen an die Landesregierung
Der Sächsische Flüchtlingsrat appelliert an die Landesregierung, menschenrechtliche Standards zu wahren und allen Schutzsuchenden einen Zugang zu fairen Asylverfahren zu gewähren. „Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich zu den Grundwerten des nationalen wie europäischen Asylrechts bekennt. Dazu gehören nachhaltige Maßnahmen zur Integration – keine Symbolpolitik, die Ängste schürt“, fasst Geschäftsführerin Müller zusammen.
Angesichts wachsender rechtsextremer wie nationalistischer Politik in Sachsen sieht der Flüchtlingsrat den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet. Er fordert daher, die Debatte über Flucht und deren Ursachen in Sachsen konstruktiv zu führen und die Rechte der Geflüchteten zu wahren, anstatt sie noch weiter zu beschneiden.
(1) Noch immer leben über 10.000 Menschen in Sachsen als Geduldete. Sie können aus triftigen Gründen nicht abgeschoben werden und leben häufig über Jahre mit Arbeitsverbot und einer Wohnsitzauflage im Freistaat.
Kontakt:
Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Dave Schmidtke
Telefon: 0176 427 286 23
E-Mail: schmidtke@sfrev.de