Positionspapier vor den Landtagswahlen: Sächsischer Flüchtlingsrat fordert dringende Reformen für Teilhabe von Geflüchteten

Autor_innen: Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

Unter wachsendem Rechtsruck drohen wenige Monate vor den Landtagswahlen immer härtere Einschnitte bei Rechten von Geflüchteten. Unser Positionspapier will dagegen die Lebenssituation und gesellschaftliche Teilhabe von Geflüchteten im Freistaat grundlegend verbessern. Von der Unterbringung über Arbeitsmarktzugang bis hin zu Bildungschancen – es besteht enormer Handlungsbedarf, um menschenwürdige Bedingungen und echte Integrationschancen zu schaffen.

Willkommenskultur endlich in der Praxis umsetzen

Tausende Geflüchtete sind längst sozial und beruflich angekommen – auch Sachsen hat eine Migrationsgesellschaft. Doch viele Geflüchtete werden ausgeschlossen und leben über Jahre mit Wohnsitzauflage und ohne Arbeitserlaubnis. Zentrale Forderungen bleiben daher die Abschaffung der „Fantasiepapiere“ und einer restriktiven Aufenthaltspolitik. „Auch in Sachsen muss der Zugang zum Bleiberecht nach dem Vorbild anderer Bundesländer erleichtert werden. Damit die Kommission ihren Namen wieder verdient braucht es außerdem die Stärkung des humanitären Charakters der Härtefallkommission“, erklärt Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat.

Monitoring der Erstaufnahme und dezentrale Unterbringung

„Externe Betreiberfirmen fokussieren sich häufig auf Profite. Sie richten nur das Nötigste ein, sodass Geflüchtete immer wieder über Monate in Zelten schlafen, deren Schlafkabinen nicht einmal Türen besitzen oder sogar in Turnhallen leben müssen.“, erklärt Osman Oğuz vom Flüchtlingsrat. Wir fordern eine Verbesserung der Unterbringungssituation durch dezentrale Lösungen statt Massenunterkünften, die Einhaltung empfohlener Personalschlüssel und unabhängiges Monitoring in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie der Verzicht auf die Privatisierung an Profitunternehmen wie Serco.

Hebel für Arbeitsmarkt, Bildung und Integration

„Hilfsjobs oder Beschäftigungstherapie für 80 Cent die Stunde sind keine Hebel, um Fachkräfte zu gewinnen. Es ist eine fatale Fehlentwicklung, dass weniger auf Sprachkurse und Qualifizierungen gesetzt wird.“, betont Schmidtke. Was wirklich helfen würde, sind ein erleichterter Jobzugang; die Aufhebung von Arbeitsverboten; die praxisnahe Anerkennung von Qualifikationen; faire Arbeitsbedingungen sowie die Sicherstellung ausreichenden Sprachkursen und Bildungsangeboten. „Immer mehr Unternehmen öffnen sich für Geflüchtete, nun braucht es auch ein Umdenken in der obsoleten Bürokratie von Behörden und digitale Antragsverfahren“, betonte Schmidtke „nur so können schneller Perspektiven für Schutzsuchende entstehen.“

Rechtliche Gleichstellung fördert Ankommen

Alle Kommunen, wo sich Schutzsuchenden niedergelassen haben, sollten Migrationsbeiräte einführen oder ihre Perspektive fehlt gänzlich. Der Ausschluss von politischer Teilhabe sorgt nur dafür, dass Menschen sich über Jahre nicht gehört fühlen und nie wirklich ankommen. Als Einwanderungsgesellschaft muss ein anderes Denken her. Schmidtke dazu: „Wenn Migrant*innen tatsächliche Bedarfe und Lösungen politisch äußern, entsteht nicht nur Gleichberechtigung, sondern auch der Abbau von Ressentiments. Diese gedeihen nämlich besonders gut, wenn konsequent nur „über“ Menschen gesprochen wird, diese aber keine eigene Stimme erhalten.“

Ausführliche Stellungnahmen zu den Punkten Asyl/Abschiebung; Bleiberecht; Unterbringung, Dezentrale Unterbringung; Bildung; Beratung; Sozialleistungen; Flüchtlingssozialarbeit; Gesundheit und Rechtliche Gleichstellung finden Sie im kompletten Positionspapier und eine kurze Übersicht zu unseren Forderung in der Zusammenfassung hier.

Zum Positionspapier (PDF)

Weitere Informationen

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

Der Sächsische Flüchtlingsrat e. V. engagiert sich seit 1991 für den Schutz geflüchteter Menschen und für menschenwürdige Unterbringungsbedingungen in Sachsen. Er ergreift Partei für die schutzwürdigen Interessen von Geflüchteten und sichert die öffentliche Kontrolle bei der Umsetzung des Asylverfahrens- sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes in Sachsen. Weitere Aufgabenbereiche liegen in der Dokumentation und Veröffentlichung von Menschenrechtsverstößen in diesem Bereich. Du findest unsere Arbeit wichtig? Unterstütze uns jetzt mit einer Spende!

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