PM: Akuter Handlungsbedarf bei unabhängiger Asylverfahrensberatung in Sachsen
Autor_innen: Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Unabhängige Asylverfahrensberatung in Sachsen läuft aus – jetzt berät nur noch das BAMF
Seit dem 30. Juni 2020 wird in Sachsen keine Asylverfahrensberatung außerhalb der Strukturen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mehr angeboten. Bis zum Stichtag hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) die Beratungstätigkeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen Dresden, Chemnitz und Leipzig ausgeführt.
„Für ein faires Asylverfahren braucht es eine unabhängige Asylverfahrensberatung. Wir bedauern, dass in Sachsen seit dem 30. Juni keine unabhängige Beratung mehr stattfindet“, so Angela Müller vom Sächsischen Flüchtlingsrat. „Das Angebot der Asylverfahrensberatung nur durch das BAMF führt das Konzept ad absurdum. Denn das BAMF ist so zuständig für die Verfahrensberatung, Entscheidung über den Asylantrag sowie die Rückkehrberatung.“ Eine unabhängige Beratung durch Wohlfahrtsverbände wie das DRK sei enorm wichtig, um eine individuelle und den Fluchtgründen entsprechend angepasste Beratung zu garantieren. „Bei der Verfahrensberatung ist eine wertungsfreie Herangehensweise enorm wichtig. Das grundsätzliche Bleibeinteresse der Klient*innen muss bei der Beratung verfolgt werden. Das kann das BAMF als gleichzeitige Antragsentscheiderin nicht gewährleisten“, so Müller. Asylsuchende haben oftmals sehr schlechte Erfahrung mit staatlichen Behörden in ihrem Herkunftsland gemacht. Vertrauen kann nur aufgebaut werden, wenn es sich um eine unabhängige Beratungsstelle handelt. Dies unterstreicht ein Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände vom September 2019.
Koalitionsvertrag legt eigentlich unabhängige Beratung fest
Die Erkenntnis ist nicht neu – die Kenia-Koalition hatte sich im Koalitionsvertrag auf eine unabhängige Asylverfahrensberatung geeinigt. Diese wollten CDU, SPD und Grüne laut Koalitionsvereinbarung „verstetigen.“ Müller kommentiert: „Wir zählen auf die Landesregierung, nun schnell Gelder bereitzustellen und bei der Beantragung von Bundesmitteln zu unterstützen! Dazu haben sie sich im Koalitionsvertrag verpflichtet.“
Großer Bedarf unabhängiger Beratung
Der Bedarf an unabhängiger Beratung ist groß – das zeigen Statistiken aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Juliane Nagel, DIE LINKE an die Landesregierung: seit Anfang 2019 haben 927 Personen die Asylverfahrensberatung des DRK in Anspruch genommen. „Wir hoffen, dass schnell eine Lösung gefunden wird. Die Qualität des Asylverfahrens hängt auch von der Beratung währenddessen ab. Das Recht auf Information der Antragsteller*innen muss während dem Asylverfahren gewährleistet werden – und zwar von unabhängiger Stelle“, fordert Müller.