Offener Prozess: NSU-Dokumentationszentrum im Koalitionsvertrag
Wir freuen uns, dass die Koalitionspartner*innen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD die Forderung nach einem NSU-Dokumentationszentrum in Sachsen berücksichtigt und in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen haben: „Wir werden die Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer der Taten des in Sachsen untergetauchten NSU unterstützen“, heißt es auf Seite 67.
Wir, ein Netzwerk aus lokalen und überregionalen Gruppen und Initiativen, fordern bereits seit mehreren Jahren ein Dokumentationszentrum zur Aufarbeitung des NSU-Komplex und rechter Gewalt in Sachsen. Aufgegriffen wurde die Forderung bereits im Minderheitenvotum von Grünen und Linken im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Neonazistische Terrornetzwerke“. Nun signalisiert auch die Regierung Unterstützung für die Idee.
Das Dokumentationszentrum soll als Gedenkort die Opfer und deren Angehörige in den Mittelpunkt rücken, Raum für Austausch und Begegnung bieten und eine nachhaltige Aufarbeitung und Bildungsarbeit zum NSU-Komplex sicherstellen.
„Die NSU-Aufarbeitung in Sachsen braucht eine Institutionalisierung in Form eines Dokumentationszentrums. Damit könnte eine kontinuierlich arbeitende Forschungsstelle, ein Archiv und ein Bildungsträger für die Thematik entstehen und eine breitenwirksame gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex realisiert werden“, sagt Hannah Zimmermann, Soziologin und Projektleiterin des NSU-Aufarbeitungsprojekts Offener Prozess aus Chemnitz.
Neben der Möglichkeit, einer Dauerausstellung zur Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex und rechtem Terror Raum zu geben, soll an das Zentrum ein Archiv angeschlossen sein, welches Medien, Wissenschaft und Bildungsträgern Recherchemöglichkeiten zu den Hintergründen des NSU-Terrors bietet.
Die Betroffenen sollen in dem Dokumentationszentrum als Expert*innen und emanzipierte Gesprächspartner*innen eingebunden werden: Es gilt etwa die Forderung Ibrahim Arslans umzusetzen, dass die Betroffenen rechtsterroristischer Gewalt nicht als Statist*innen, sondern als Hauptzeug*innen auftreten. Für ein so konzipiertes Dokumentationszentrum zeichnet sich auch Untersützung ab. Gamze Kubaşık teilte bereits über ihre Anwältin mit, dass sie die die Idee des Dokumentationszentrums „sehr gut“ finde, weil es die Erinnerung an die Opfer einerseits mit einem aktiven Beitrag zur Zurückdrängung neonazistischer Bestrebungen anderseits verbindet. Hieran gilt es anzuknüpfen: Die Einbindung der Betroffenen bei der Umsetzung der Dokumentationszentrums-Idee ist dafür unerlässlich.
Das Dokumentationszentrum soll folgende Angebote schaffen:
- Raum für eine Ausstellung zur Aufarbeitung des NSU-Komplex bieten
- Veranstaltungsraum für Podiumsdiskussionen, Vorträge, Netzwerktreffen und Workshops
- Archivstelle für Hintergrundinformationen zum Themenkomplex NSU und rechter Terror
- Anlaufstelle für Fachberatung und Bildungsarbeit
Flyer vom 3.11.2019: Flyer Dokumentationszentrum