Für gendergerechte Sprache an allen Schulen!

Autor_innen: Ausländerrat Dresden e.V.

Welttag der sozialen Gerechtigkeit am 20.02.: Stellungnahme zum Erlass des Sächsischen Kultusministeriums mittels Schreiben an die Mitarbeitenden des SMK und des Landesamts für Schule und Bildung vom 06.07.2023

Für gendergerechte Sprache an allen Schulen!

Am 06.07.2023 hat das sächsische Staatsministerium für Kultus per Erlass das Gendern mit Sonderzeichen an Sachsens Schulen untersagt1. Der Erlass bezieht sich auf Erklärungen aus den Jahren 2018, 2021 und 2023 des Rats für deutsche Rechtschreibung, laut denen die Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern (Gender-Stern, Gender-Gap u.a.) nicht empfohlen würden2. Die Regelung soll in Schreiben der Schulämter, Elternbriefen, der Unterrichtsdurchführung, in der Bewertung von Klassenarbeiten und Prüfungen sowie für das Material von Bildungsprojekten in Schulen gelten.

Als Ausländerrat Dresden e.V. positionieren wir uns für gendergerechte Sprache an Sachsens Schulen und in der Schulverwaltung. Schüler*innen, Lehrende, Eltern und Verwaltungsmitarbeitende sollen darin bestärkt und nicht daran gehindert werden, sich mit Gendervielfalt auseinanderzusetzen und diese auszudrücken! Nichtbinäre, inter- und transsexuelle Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind Teil unserer diversen Gesellschaft. Werden Menschen und insbesondere Kinder und Jugendliche sprachlich adressiert und repräsentiert, sind sie auch gesellschaftlich präsent und trauen sich zu partizipieren. 

Aus Sicht des Ausländerrat Dresden e.V. geht es bei dem Erlass um weit mehr als die „richtige“ Schriftsprache; er hat ganz klar auch eine politische Dimension. Gendergerechtigkeit ist eines der Themen, denen Rechtspopulist*innen und weitere politische Kräfte den Kampf angesagt haben. Hier erreichte Fortschritte sollen nach ihrem Willen revidiert, die positiven Entwicklungen der letzten Jahre zurückgedreht werden. Der Erlass spielt diesen Kräften in die Hände und stärkt anti-emanzipatorische Diskurse in der Gesellschaft.

Als Verein arbeiten wir auf verschiedenen Ebenen mit Schulen. Wir sensibilisieren Schüler*innen für unterschiedliche Diskriminierungsformen und stärken sie, Ausgrenzung zu benennen. Wir unterstützen die kulturelle Teilhabe von Schüler*innen und Eltern mit Migrations- und Fluchterfahrung durch Angebote an Schulen und bieten Schulsozialarbeit an. Der Erlass wird künftig Vereine der Bildungsarbeit in Sachsen betreffen, die vertraglich mit dem Sächsischen Ministerium für Kultus oder dem Landesamt für Schule und Bildung kooperieren, wodurch der Projekt- und Antidiskriminierungsarbeit an Schulen geschadet wird. So konstatiert die Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen e.V., dass der Erlass die „Situierung der ohnehin schon unterrepräsentierten Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt an sächsischen Schulen“ sowie die fachliche Qualität von Bildungsarbeit an Schulen gefährdet.3

Zur weiteren Auseinandersetzung verweisen wir auf die Stellungnahmen des Kinderschutzbundes Sachsen e.V.4 sowie der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Sachsen e.V.5.

Der Rat der deutschen Rechtschreibung hat betont, dass die Diskussion um die Nutzung von Sonderzeichen im Wortinnern weitergeführt und gesellschaftliche Entwicklungen weiter beobachtet werden. Ein Großteil der Bundesländer lässt den Umgang mit dem schriftlichen Gendern mit Sonderzeichen in Schulen offen; zwei Bundesländer haben sich aktiv auf das Gendern mit dem Doppelpunkt (z.B. “Schüler:innen”) geeinigt. 

Wir, der Ausländerrat Dresden e.V., appellieren daher an alle Bildungsinstitutionen, Entscheidungsträger*innen und Menschen in Sachsen:

Hinterfragt den Erlass des sächsischen Kultusministeriums! Orientiert Euch an gesellschaftlichen Realitäten und der Umsetzung der Menschenrechte (vgl. Artikel 2 – Verbot der Diskriminierung)! Unterstützt die Bildung und Partizipation junger Menschen, indem ALLE adressiert werden!

1 Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus vom 06.07.2023: Geschlechtergerechte Sprache und Schreibung im Verwaltungsbereich und in den Schulen.

2 https://www.rechtschreibrat.com/DOX/rfdr_PM_2021-03-26_Geschlechtergerechte_Schreibung.pdf und https://www.rechtschreibrat.com/wp-content/uploads/rfdr_PM_2023-07-14_ARW_Sonderzeichen.pdf.

3 Stellungnahme LAG Queeres Netzwerk Sachsen vom 02.08.2023: https://www.queeres-netzwerk-sachsen.de/app/download/7720466751/20230802_Stellungnahme%20QNS%20SMK%20Gendererlass.pdf?t=1694446449.

4 Stellungnahme des Kinderschutzbund Sachsen e.V. vom 22.08.2023: https://www.kinderschutzbund-dresden.de/allgemein/5545-statement-fuer-eine-geschlechtergerechte-sprache-an-saechsischen-schulen/.

5 Stellungnahme der Landesarbeitsgemeinschaft Schulsozialarbeit Sachsen e.V. vom 28.07.2023: https://schulsozialarbeit-sachsen.de/index.php?rubrik=Home&rid=1&tei=len#a916.

Weitere Informationen hier

Zum Download der Pressemitteilung hier (PDF)

Ausländerrat Dresden e.V.

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