Antifaschismus sollte Konsens sein – Stellungnahme des Treibhaus e.V.
Stellungnahme des Treibhaus e.V. vom 22.05.2019 (facebook)
Die Alternative für Deutschland (AfD) – Kreisverband Mittelsachsen wirft dem Treibhaus e.V. in einer Pressemitteilung vom Sonntag, 19. Mai, vor, „offen mit linksextremistischen Gruppierungen“ zu sympathisieren und öffentliche Gelder „zum Kampf gegen den Staat“ einzusetzen.[1] Dr.-Ing. Rolf Weigand veröffentlichte die Pressemitteilung am Montag, 20. Mai, auf seiner Facebook Seite[2] verbunden mit einer Grafik unter dem Titel „AfD deckt auf: Antifa mit Steuergeld unterstützt!“
„Die Darstellungen des AfD Kreisverbandes Mittelsachsen unterstellen all unseren 132 Mitgliedern, elf hauptamtlich Angestellten sowie zahlreichen ehrenamtlich Aktiven, Unterstützenden und Sympathisierenden eine Affinität zu Gewalt und die Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, erklärt Judith Sophie Schilling, Geschäftsführerin des Treibhaus e.V.erklärt Judith Sophie Schilling, Geschäftsführerin des Treibhaus e.V.
„Das ist insofern absurd, als unser Verein wohl weitaus weniger Probleme mit dem Grundgesetz – etwa Artikel 1 Absatz 1[3] – hat, als die AfD selbst. Auch sind unsere Mitglieder, Angestellten und Unterstützenden ein breit aufgestellter Querschnitt der Gesellschaft, in der wir leben und mit der wir zusammenarbeiten.“
Judith Sophie Schilling erklärt weiter: „Ja, der Treibhaus e.V. erhält öffentliche Gelder zur Umsetzung seiner satzungsgemäß festgehaltenen Ziele, etwa der Förderung von Kunst und Kultur sowie von Bildung in verschiedenen Bereichen und zur Leistung von sozialer Arbeit. Diese Gelder werden transparent behandelt – ebenso wie Spendengelder und übrige Einnahmen, die der Verein erhält und erzielt.“
Die satzungsgemäßen Zwecke des Treibhaus e.V. werden regelmäßig vom Finanzamt überprüft. Deren Einhaltung ist Grundlage für die Anerkennung und den Erhalt der Gemeinnützigkeit – eine Bescheinigung der Gemeinnützigkeit (Freistellungsbescheid) wird von allen Fördermittelgebern abgefordert.
„Die AfD Mittelsachsen wirft dem Verein vor, Fördermittel – und damit Steuergelder – zur Unterstützung extremistischer Gruppierungen zu verwenden. Dies assoziiert man hier mit der sogenannten ‚Antifa’, die von der AfD scheinbar als homogene Gruppe oder Verein definiert wird“, so Schilling. „Unser Selbstverständnis umfasst eine antifaschistische Haltung. Diese orientiert sich an universellen Werten wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität im Sinne eines aufklärerischen und kosmopolitischen Ideals. In unserer Satzung[4] wird zudem ein gewaltfreies Miteinander konstatiert. Das unterscheidet sich von der hier zugrundeliegenden kleingeistigen Auffassung von ‚der Antifa’. Antifaschismus als politische Haltung sollte Konsens und kein Randphänomen sein.“
In diesem Zusammenhang werden von der AfD Mittelsachsen mehrere Sticker und Symbole benannt, die in der Veranstaltungs- und Begegnungsstätte Café Courage verklebt sind. Hier seien „vermehrt Symbole der Antifa sowie Aufkleber mit anarchistischem Gedankengut“[5] zu finden. Judith Sophie Schilling merkt an, dass der Treibhaus e.V. so viel mehr wert sei, als einige Aufkleber bzw. Plakate, die sich im Café Courage befänden.
„Wer den Verein darauf reduziert, verkennt die Realität und sucht nur fadenscheinige Gründe, um über unsere Finanzierungen zu streiten“, merkt die Geschäftsführerin an. „Eine Bewertung anhand unserer Arbeit ist deutlich zielführender.“
So werde täglich wertvolle Arbeit in den Bereich Kultur- und Jugendarbeit, interkulturelle Arbeit, politische und historische-politische Bildung geleistet, es gäbe Kreativ- und Beratungsangebote und die Projekte richteten sich an zahlreiche Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter oder Herkunft.
Zudem seien Aufkleber, Tags und Weiteres Ausdruck einer alternativen Jugend- und Subkultur, die sich einen Freiraum aneignet und diesen nutzt, so die Geschäftsführerin. Das Café Courage werde vor allem abends in der Regel von ehrenamtlich Engagierten genutzt und selbstverwaltet geöffnet – hier herrsche Konsens über das Selbstverständnis des Vereins.
„Zuletzt sei noch angemerkt, dass keines der benannten Symbole verboten ist“, so Schilling.
Die AfD Mittelsachsen bemängelt außerdem regelmäßige Berichte des Treibhaus e.V. „über die Aktivitäten der AfD Mittelsachsen und seine(…) Vertreter(…) im Landtag und Bundestag“[6].
„Als zivilgesellschaftlicher Akteur ist es unsere Aufgabe und unsere Pflicht, über gesellschaftliche Entwicklungen zu informieren, zu diskutieren und gemeinsame Lösungsansätze zu finden“, so Judith Sophie Schilling. „Wir schätzen und schützen die Demokratie mit all unseren Projekten und stellen uns dementsprechend mit demokratischen Mitteln Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Rassismus und deren Auswirkungen entgegen. Aktuell bedeutet dies eben auch, die AfD und deren lokales Vorgehen zu beobachten und die Öffentlichkeit über Hintergründe aufzuklären.“
Derartige Bekenntniszwänge zur Demokratie, wie sie aktuell von der AfD Mittelsachsen gefordert werden, hat der Treibhaus e.V. nicht nötig. Das Üben von Kritik und Meinungsstreit ist die Basis einer Demokratie zur Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse anstatt bloßer Feinbildkonstruktion, wie sie seitens der AfD betrieben wird.
In der Pressemitteilung der AfD Mittelsachsen wird neben der Einstellung aller finanziellen Mittel für den Treibhaus e.V. auch die „klare Positionierung gegen rechten, linken und religiösen Extremismus von den verantwortlichen Stellen in Mittelsachsen und der Stadt Döbeln“[7] gefordert.
Dazu Judith Sophie Schilling: „Ich erwarte, dass der Landkreis Mittelsachsen und die Stadt Döbeln als langjährige Partner und Unterstützer unserer Arbeit den Angriffen der AfD Mittelsachsen nicht nachgeben. Eine klare Positionierung kann nur eine Aussage haben: Für eine demokratische und offene Gesellschaft.“
[1] https://afd-mittelsachsen.de/index.php/homepage/pressemitteilungen/1102-freistaat-landkreis-mittelsachsen-und-die-stadt-doebeln-foerdern-antifanahen-verein.html, 21.05.2019, 21.57 Uhr
[2] https://www.facebook.com/DrRolfWeigand/posts/2238995286136798, 21.05.2019, 21.54 Uhr
[3] GG Art 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
[4] https://treibhaus-doebeln.de/wp-content/uploads/2018/07/SATZUNG-DES-TREIBHAUS-EV.pdf, 21.05.2019, 22.14 Uhr
[5] https://afd-mittelsachsen.de/index.php/homepage/pressemitteilungen/1102-freistaat-landkreis-mittelsachsen-und-die-stadt-doebeln-foerdern-antifanahen-verein.html, 21.05.2019, 21.57 Uhr
[6] https://afd-mittelsachsen.de/index.php/homepage/pressemitteilungen/1102-freistaat-landkreis-mittelsachsen-und-die-stadt-doebeln-foerdern-antifanahen-verein.html, 21.05.2019, 21.57 Uhr
[7] https://afd-mittelsachsen.de/index.php/homepage/pressemitteilungen/1102-freistaat-landkreis-mittelsachsen-und-die-stadt-doebeln-foerdern-antifanahen-verein.html, 21.05.2019, 21.57 Uhr