Chemnitzer Geflüchtetensozialarbeit des SFR wird sich verabschieden müssen – Eine Stellungnahme
Autor_innen: Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.
Pressemitteilung vom 23.09.2020
Sozialamt Chemnitz kippt SFR-Projekt
Chemnitzer Geflüchtetensozialarbeit des SFR wird sich verabschieden müssen – Eine Stellungnahme
Im SFR steht eine Veränderung an. Sieben Mitarbeiter*innen werden den Verein zum 01. Januar 2021 aller Voraussicht nach verlassen müssen. Grund ist die Ablehnung des Sozialamts für eine weitere Förderung. Das Team äußert sich nun in einer Stellungnahme. Der Vereinsvorstand kritisiert das Verfahren als „unverfroren.“
Das Team der Chemnitzer Geflüchtetensozialarbeit im SFR wird aller Voraussicht nach dem Jahreswechsel ohne Arbeitsvertrag dastehen. Ohne ihre bisher bekannten Sozialarbeiter*innen wiederum werden ca. 200 derzeit beratene Klient*innen verbleiben. Grund ist die voraussichtlich letztgültige Ablehnung der fünfjährigen Projektförderung durch das Sozialamt Chemnitz. Das wird ganz praktische Auswirkungen haben, schreibt das Team in einer Stellungnahme: „Bei einer Zielgruppe wie der unseren, welche als besonders vulnerabel für Grundrechtseingriffe gilt, ist die Schaffung eines solchen Vertrauensverhältnisses ein besonders gewichtiger Aspekt.“ Dass dieses nun abbrechen soll, geschieht nach Auffassung des Sozialamts aus rein wirtschaftlichem Kalkül. Wenn weniger Menschen kommen, dann braucht es weniger Sozialarbeiter*innen. Das Team weist darauf hin, dass seit Jahren auf „prekäre Betreuungschlüssel in der Geflüchtetensozialarbeit“ aufmerksam gemacht werde und bezweifelt, dass künftig eine bedarfsgerechte Unterstützung in der Stadt Chemnitz gewährleistet werde. Das Team stellt klar: „Die Geflüchtetensozialarbeit in Chemnitz zu reduzieren ist die falsche Antwort!“
Schaler Beigeschmack – wie das Sozialamt langjährige Träger rauskegelt
Erstaunen erregte ein Schreiben des Sozialamt Chemnitz, welches im Mai 2020 im SFR eintraf. Da bittet das Amt den Verein, von einer Bewerbung für die Projektförderung 2020 abzusehen. SFR-Vorstandsvorsitzender Frederic Weichselberger: „Das ist nicht anders denn als Missachtung gegenüber einem langjährigen Träger zu verstehen. Der SFR e.V. und sein Team gingen immer davon aus, dass mit dem Sozialamt auf Augenhöhe gesprochen werden könne. Nicht nur dann, wenn das Amt den Träger kritisieren muss, sondern auch dann, wenn der Träger mit Kritikpunkten an das Amt herantritt.“ Weichselberger wundert sich über den Vorgang. „Das ist unverfroren. Vor allem hinterlässt dieses Vorgehen den schalen Beigeschmack, dass das Sozialamt einen kritischen aber zuverlässigen Träger nicht dulden mag.“ Für eine starke Zivilgesellschaft zu stehen, sehe nach Weichselbergers Ansicht anders aus. Deswegen habe der Vorstand des SFR e.V. auch Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Eine Entscheidung steht noch aus.
Schlag für plurale Zivilgesellschaft
Das Team der FSA stellt abschließend klar: „Auch im Anbetracht wirtschaftlicher Ersparnisse könnte der Erhalt einer diversen Trägerlandschaft im Auge behalten werden. Im Sinne einer pluralen Zivilgesellschaft, welche sich auch in den lokalen Akteur*innen der Geflüchtetensozialarbeit widerspiegeln sollte, betrachten wir das Verfahren und die Entscheidung der kommunalen Verwaltung hingegen als ein höchstproblematisches, politisches Signal.“