TolSax Update | Juni 2024

Im Editorial des Juni-Newsletter berichten die Queere Gruppe aus Döbeln und der Organisationskreis des CSD in Wurzen über ihre Erfahrungen und Sorgen rund um die Organisation der Prides. Sie rufen die Großstädter_innen dazu auf, zu den CSDs in kleineren sächsischen Städten zu fahren, um die Menschen vor Ort zu unterstützen. Darüber hinaus findet Ihr im Newsletter wie gewohnt Termine, Fördertipps und weitere Anregungen für Euer Engagement in Sachsen!

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Editorial von Queere Gruppe Döbeln / Treibhaus e.V. & Orgakreis CSD Wurzen / NDK Wurzen

Liebe Mitglieder, liebe Engagierte,

in der Nacht zum 28. Juni 1969 brachen im Stonewall Inn in der Christopher Street in New York Riots gegen Polizeigewalt aus, die den Anstoß für die Gay Liberation Bewegung geben sollten. Wenn wir im Pride Month Juni überall auf der Welt Christoher Street Days feiern, so erinnern wir damit an diese Begebenheit. Rechte für queere Menschen wurden und werden bis heute politisch erkämpft und an der vordersten Front dieser Kämpfe standen auch in Deutschland schon immer diejenigen, die am stärksten von Diskriminierung betroffen sind: Sexworker_innen, Queers of Color, trans Personen.

In den letzten Jahren kehrt langsam das Bewusstsein dafür zurück, dass die CSDs eigentlich keine Party-Veranstaltungen sind, sondern politische Demonstrationen. Das Bewusstsein steigt auch dafür, dass wir uns als queere Menschen dem Rechtsruck entgegenstellen müssen, um unsere Rechte zu verteidigen. Ein Bewusstsein, welches viele von uns Queers im ländlichen Raum eh ständig mit uns tragen.

Der Döbelner CSD findet dieses Jahr am 21.09.2024 zum dritten Mal statt und zum dritten Mal müssen wir leider mit rechten Störungen rechnen: Buttersäure-Anschläge, Gegendemonstrationen, Pöbeleien im Vorfeld und Nachgang der Demo. Dieses Problem betrifft nicht nur uns in Döbeln: Auch wenn es im ländlichen Raum Sachsens erfreulicherweise so viele CSDs wie noch nie gibt, kämpfen alle davon mit Anfeindungen aus der rechten Ecke. Das geht so weit, dass wir sogar extra an Sicherheitstrainings teilnehmen und uns darüber Gedanken machen müssen, wie wir eine sichere An- und Abreise für Teilnehmende gewährleisten können.

In Wurzen fand dieses Jahr am 15.05.2024 der erste CSD statt. Beinahe 300 Menschen nahmen an der Veranstaltung teil! Der Tag hat gezeigt, dass es vor allem der Zusammenhalt ist, der uns schützt und auf den wir uns verlassen können. In diesem Sinne haben wir uns auch sehr über Rückmeldungen gefreut, dass sich Menschen während unser Veranstaltung trotz der Vorkommnisse sicher gefühlt haben. Denn die Menschen vor Ort mussten feststellen, dass sich wie schon zur Kundgebung gegen Rechts, immer wieder teils aggressiv auftretende Nazi Gruppen entlang der Demoroute formieren konnten. Die Passivität der Polizei gegenüber den rechten Störer_innen ließ die Menschen vom NDK mit Fragezeichen zurück. Wir finden es bezeichnend, dass abreisende Teilnehmer_innen des CSD mit Pyrotechnik beschossen werden konnten, ohne das dies erkennbare Reaktionen durch die anwesende Polizei hervorgerufen hätte oder der Vorfall in der durch die Polizei veröffentlichte Pressemitteilung überhaupt Erwähnung fand. Es ist nun schon das dritte Mal seit März, dass Nazis diese Strategie einsetzen, um Teilnehmer_innen unser Veranstaltungen einzuschüchtern und potentiell auch zu verletzen.

Gerade in diesem Jahr sind wir also mehr denn je auf die Unterstützung solidarischer Großstädter_innen und lokaler Verbündeter angewiesen. Schaut euch doch mal in eurer Region um: CSDs gibt es dieses Jahr unter anderem in Stollberg, Zittau, Frankenberg, Pirna, Torgau, Bautzen, Radebeul, Plauen, Zwickau, Freiberg, Riesa, Görlitz und bei uns in Döbeln. An all diesen Orten stellen sich mutige Menschen den menschenverachtenden Ideologien rechter Gruppierungen entgegen und riskieren täglich viel, um sichtbar zu sein und sich für eine bessere Zukunft einzusetzen.

Aus mehreren Jahrzehnten Bewegungs-Geschichte können wir eine Sache lernen: Eine gerechte Gesellschaft für alle können wir nur gemeinsam erkämpfen. Wir müssen solidarisch sein, nicht nur mit anderen queeren Menschen, sondern mit geflüchteten Menschen, Menschen mit Behinderung, Rentner_innen, Menschen in finanziell prekären Situationen, People of Color, obdachlosen Menschen, kurz: mit all jenen, die genau wie wir nicht in dem Gesellschaftsbild rechtsextremer Ideologien stattfinden und die genau wie wir unter einem Machtgewinn rechter Parteien leiden werden. No one is free until all are free!

In diesem Sinne wünschen wir euch einen kämpferischen Pride Month und hoffen auf eure Solidarität. Schaut dieses Jahr zum CSD im Hinterland vorbei!

Viel Spaß bei der Lektüre des neuen Newsletters!

Queere Gruppe Döbeln / Treibhaus e.V. | leon_gruenig@treibhaus-doebeln.de
Orgakreis CSD Wurzen / NDK Wurzen | team@ndk-wurzen.de

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Anmerkung: Die Einleitung spiegelt nicht die Meinung des Netzwerkes oder des Sprecher_innenrates wieder, sondern einzig der Verfasser_innen.

Redaktion TolSax

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