Rückblick auf das 18. Landestreffen des Netzwerks Tolerantes Sachsen am 23. Juni 2023 in Oschatz

Das 18. Landestreffen des Netzwerks Tolerantes Sachsen stand unter dem Titel „Gemeinsam stark für Demokratie in Sachsen“. Und so hat dieser Titel das Landestreffen auch geprägt: ein Netzwerktreffen, bei dem wir unsere Gemeinsamkeiten finden konnten, neue und alte Mitstreiter_innen kennen lernen und den Tag gemeinsam genießen durften. Ein Tag aber auch, an dem Gespräche und Diskussionen geprägt waren von der Sorge um die Demokratie in Sachsen, wo es eine hohe Zustimmung zu autoritären Einstellungen, Verschwörungsideologien und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der Bevölkerung gibt. Ein Tag, an dem danach gesucht wurde, wie Engagierte unterstützt werden können und sich gegenseitig unterstützen können und welche Rolle die Zivilgesellschaft einnehmen kann und will.

Hier eine Audiodokumentation des Landestreffens von Jolande Fleck (Radio Corax / rabanradio.com):

Ein Beitrag zum 18. Landestreffen des Netzwerks Tolerantes Sachsen am 23.06.2023 im E-Werk in Oschatz von Jolande Fleck (Radio Corax / rabanradio.com) CC BY-NC-SA 2.0 DE auf freie-radios.net

Zu Wort kommen Andrea Hübler von der RAA Sachsen e.V., Anna-Maria Kümritz von Trafo – Nachhaltigkeit in Bildung e.V., Matthias Brauneis von der Courage-Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. (NDC Sachsen) und Philipp Ullmann vom Soziokulturellen Zentrum Alte Brauerei in Annaberg-Buchholz.

Gemeinsam stark…

Am 23. Juni haben wir uns mit 85 Teilnehmenden im wunderbaren E-Werk in Oschatz eingefunden. Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Sprecher_innen hat uns Hannah Abelius (Instagram-Link) in ihrem Impuls mit auf eine gedankliche Reise genommen: eine Reise zwischen Rosa und Braun, zwischen naiver Utopie und brutaler Realität.

Im Anschluss konnten wir uns beim „Engagement in Bewegung“ nochmal neu kennenlernen: sei es, weil wir in derselben Region oder an gemeinsamen Themen arbeiten, in ähnlichen Strukturen oder einfach schon gleichlang in Sachsen aktiv sind. Es war spannend, voneinander zu hören und alte und neue Kontakte zu knüpfen.

Am Nachmittag boten Workshops und das Interaktionscafé Raum zum intensiven Austausch. Die Teilnehmenden des Workshops „Jede/r kennt jemanden, der jemanden kennt, der…“ befassten sich mit dem Thema Netzwerken, warum die Netzwerkarbeit so wichtig ist, wie sie gelingen kann und was noch fehlt, damit das eigene Netzwerk trägt. Das Fazit einer Teilnehmenden lautete dann auch: „Netzwerkarbeit: Raus aus der Bubble!“

Ich hab heute festgestellt, es gibt tatsächlich viel mehr Projekte und Initiativen, als ich dachte. Manchmal denke ich, ich steh mit meinem Projekt alleine da, aber das ist gar nicht der Fall. Man muss sich nur untereinander vernetzen.

Die fünf Thementische „Gedankenstrom“, „Heißes Thema“, „Wirbelsturm“, „fruchtbare Erde“ und „Geistreich“ im Interaktionscafé boten Anlass zu intensiver Diskussion und ehrlichem Gespräch – garniert mit thematisch passenden Snacks. Schnell kamen die Teilnehmenden ins Gespräch und unterhielten sich über das Leben im ländlichen Sachsen, Zukunfts- und Hoffnungsfragen, aber auch den Umgang mit Anfeindungen. Es war spannend, andere Perspektiven zu hören, mit Teilnehmenden aus anderen Ecken des Landes zu sprechen und das, was sonst nur Pausengespräche sind, fortsetzen zu können.

Zeit zur Reflexion bot der Workshop „Was mache ich hier eigentlich? Und warum?“. Die Teilnehmenden tauschten sich darüber aus, was sie motiviert in ihrem Engagement, wie sie mit Frustrationen und inhaltlich belastenden Situationen umgehen und wo sie persönlich Ausgleich finden. Daneben kamen strukturelle Leerstellen wie die häufig fehlende langfristige Finanzierung von Projekten und Arbeitsstellen zur Sprache.

…für Demokratie…

„Wirkungsvolles Engagement braucht gute Rahmenbedingungen: Ein Demokratiefördergesetz für Sachsen“ – so lautete der Titel eines anderen Workshops, in dem die Teilnehmenden eine der Lösungen für eine stabilere Finanzierung von Demokratiearbeit diskutierten. Dabei setzten sie sich mit dem Prozess und der Entstehung des Demokratiefördergesetzes im Bund auseinander, sahen Videos von Reden aus Bundestag und Bundesrat und diskutierten die Forderungen und Kommentierungen der Sachverständigen. Außerdem ging der Workshop der Frage nach, ob es neben dem Bundesgesetz auch ein Demokratiefördergesetz für Sachsen braucht.

Im Workshop „Demokratisches Engagement gegen rechte Raumnahme in Klein- und Mittelstädten“ diskutierten die Teilnehmenden Strategien und Handlungsansätze gegen rechte Dominanz anhand konkreter Orte aus ihrem Umfeld. Vor dem Hintergrund einer vom Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung in Sachsen (EFBI) entwickelten Typologie der lokalen Zivilgesellschaft hinsichtlich ihres Verhältnisses zu Rechtsextremismus ging es um Ziele und Zielgruppen, Hürden und Handlungsansätze sowie um zentrale Erkenntnisse für das Engagement gegen rechte Raumnahme vor Ort.

…in Sachsen.

Der Workshop „Kommunal- und Landtagswahlen 2024 – Mit welchen Formaten und Aktionen können wir den Wahlkampf begleiten?“ wagte den Blick auf die Herausforderungen, vor denen Sachsen mit Blick auf die Wahlen steht. Von einer niedrigen Wahlbeteiligung und dem Finden von Kandidat_innen für Kommunalwahlen bis hin zu Bedrohungen an Wahlkampfständen und einer weit verbreiteten gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Außerdem wurde diskutiert, was wir als kritische Zivilgesellschaft mit Blick auf die Wahlen tun wollen und können.

Zum Ausklang des Tages bot die Fishbowl-Podiumsdiskussion den Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre Fragen und Forderungen an Vertreter_innen des Sächsischen Landtags zu richten und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sebastian Fischer (CDU), Kerstin Köditz (Linke), Kathleen Kuhfuß (Bündnis 90/Die Grünen) und Frank Richter (SPD) waren eingeladen, miteinander und mit den Teilnehmenden des Landestreffens zu diskutieren. Moderiert von Daniela Schmidt kamen die Themen der Workshops am Nachmittag dabei wieder auf den Tisch: Wie kann Demokratiearbeit langfristig gefördert werden? Wie verhalten sich die verschiedenen Fraktionen gegenüber dem Rechtsruck in Sachsen? Und wie kann die Demokratie in Sachsen stark bleiben?

Ein intensiver Tag mit viel Austausch und Diskussion, mit Utopie und Realität, mit Rückblicken und Pläne schmieden ging zu Ende. Einen herzlichen Dank an dieser Stelle an alle, die Workshops und Inhalte mit vorbereitet und geplant haben, an das E-Werk in Oschatz für die tolle Unterstützung vor Ort, an Daniela Schmidt für die Moderation, und natürlich an alle Teilnehmenden, die sich in Workshops, in Vernetzung und bei der Podiumsdiskussion eingebracht haben.



Das 18. Landestreffen des Netzwerks Tolerantes Sachsen

In Kooperation mit Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen e.V.


Gefördert von

Das Projekt wird gefördert vom Landesprogramm „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“, dem Land in Sicht e.V. und der Amadeu Antonio Stiftung.

Stand: 17.07.2023

TolSax Konkret

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