Beim Jugendhaus Rosswein e.V.

Mehr als Chillen und Skaten – das Jugendhaus Rosswein

Das Jugendhaus Rosswein ist ein offenes Jugend- und Freizeitzentrum und wird maßgeblich vom ehrenamtlichen Engagement junger Menschen getragen. Deren Ideen und Vorstellungen fließen unmittelbar in die Arbeit ein. Sie lernen so, an demokratischen Prozessen zu partizipieren.

Neben dem Jugendtreff finden regelmäßig Konzerte statt. Bands können die Proberäume nutzen. Dass sie nun zusammen mit Asylsuchenden Musik machen können, wurde durch Instrumentenspenden einer Musikhauskette möglich. Auch das offene Wlan können die Neuangekommenen nutzen.

Die Sozialbetreuer_innen des Jugendhauses bieten präventive Angebote zur gesundheitlichen Aufklärung, dem Umgang mit Drogen, Sexuellem Missbrauch u.a. an. Mit Sozialbetreuer Christian unterhielten wir uns über die Turbulenzen des letzten Jahres, offene Baustellen und notwendige Unterstützung.

Im Gespräch mit …Christian vom Jugenhaus Rosswein e.V.

Die jüngsten Entwicklungen?

Zu aufreibenden Debatten in der Stadt führte 2015 die Auseinandersetzung mit den rechten Bürgerbewegungen „Roßwein wehrt sich“, die gegen ein Asylsuchendenheim mobilisierten (Analyse in blickpunkt.rechts 2015, S.12). Die Staatsanwaltschaft ermittelt  wegen Volksverhetzung auf einer ihrer facebook-Seiten. (DAZ 06.05.2016)

Um der Menschenfeindlichkeit etwas entgegenzusetzen, initiierte das Jugendhaus ein Willkommensbündnis mit breiter Beteiligung der Bevölkerung – und geriet selbst in die Kritik. Mit Vorwürfen wie „drogenverseuchter Zeckenschuppen“ versuchte „Roßwein wehrt sich“, das Jugendhaus zu diskreditieren und die Finanzierung bei der Stadt in Frage zu stellen – ohne Erfolg.

„Wenn Stefan Trautmann bei deren Veranstaltungen mit dabei ist, wird klar, dass die eine JN-Strategie verfolgen“, so Christian. Trautman war Mitglied der 2013 verbotenen „Nationalen Sozialisten Döblen“ und sitzt nun für die NPD im Döbelner Stadtrat.

Die Aktivitäten von „Roßwein wehrt sich“ ziehen auch rechte Gewalttäter von außerhalb an. So nahmen laut der Chronik blickpunkt.rechts rechte Übergriffe und Schmierereien im letzten Jahr zu.

Die Stimmung in Roßwein ist angespannt, die Stadt gespalten. Leidtragende dieser Entwicklung sind auch die Kids im Jugendhaus: Viele kommen aus sozial benachteiligten Haushalten. Manche Eltern symphatisierten mit „Roßwein wehrt sich“. Ihre Kinder wollten sie nicht im Jugendhaus sehen, wenn sich gleichzeitig Asylsuchende dort engagieren.

Welch gefährliches Klientel die rechten Bewegungen anzieht und wie notwendig die demokratische Arbeit dagegen ist – dafür möchte Christian die Familien sensibilisieren. Er sieht es als direkte Chance, auch bisher abgeneigten Eltern zu zeigen, dass das Jugendhaus für ihre Kids da ist.

Herausforderungen

Baumaßnahmen

Daneben gibt es noch andere Baustellen: Mit aufwendigen Bauarbeiten muss der Brandschutz im Jugendhaus auf Vordermann gebracht werden. „Wir haben Unsummen nur in Anträge gesteckt und dürfen noch kein Stück Baumaterial kaufen, weil es so viele Auflagen gibt“, bedauert Christian.

Inklusion von Asylsuchenden

Große Unterstützung bekommen sie bei den Vorbereitungen aber von lokalen Unternehmen und Asylsuchenden: „Die helfen wo sie können, weil sie froh sind, überhaupt etwas zu tun. Aber wie im Jugendhaus auch sind es immer die Gleichen“, so Christian. Mit Familienfesten möchten sie nun auch die Kinder und Mütter unter den Asylsuchenden explizit einladen und ein wirkliches Miteinander entwickeln.

Förderung gesucht

Mit der dünnen Personaldecke können sie solche Aufgaben allerdings nicht abdecken – zwei halbe Stellen stehen dem Verein bislang zur Verfügung. Christian erhofft sich Hinweise zu entsprechenden Fördertöpfen, um diese Herausforderungen meistern zu können.

Wünsche an das Netzwerk Tolerantes Sachsen?

Lobbyarbeit auf kommunaler Ebene

Mittel für Baumaßnahmen, Integrationsprojekte, etc.: Solche, für die Vereinsarbeit relevanten, Entscheidungen werden häufig auf kommunaler Ebene getroffen. Auch hier wäre eine Lobbyarbeit des Netzwerkes notwendig, um auch bei den Gemeinden und Kommunen die Position der Vereine zu stärken.

Austausch von inhaltlichen Veranstaltungen

Als Veranstaltungsraum konzentriert sich das Jugendhaus auf Konzerte und Festivals – für Lesungen, Diskussionsabende oder inhaltlich relevante Filmvorführungen freut sich Christian über Ideen von anderen soziokulturellen Zentren im Netzwerk.

Themenideen für Regionaltreffen TolSax Konkret

Inklusionskonzepte

Notwendig wäre ein konstruktiver Austausch mit anderen Vereinen und Kommunen über gute Inklusionskonzepte: Wie kann man Asylsuchende „mit ins Boot holen“. Wo funktioniert dies aus welchen Gründen gut – und welche Strategien wären andernorts übertragbar? Auf diese Fragen such Christian Antworten.

Mobile Jugendarbeit im ländlichen Raum

Die Sozialarbeiter_innen interessieren sich auch für Konzepte mobiler Kinder- und Jugendarbeit. Ein Ideenaustausch mit anderen Trägern wäre ihnen wichtig – besonders aus dem ländlichen Raum. „Es ist eben was anderes, mobile Arbeit in der Stadt oder auf dem Land zu machen“, so Christian,“es wäre spannend, z.B. Erfahrungen von nixlos aus dem Landkreis Leipzig zu hören.“

Kommunikation mit der Kommune

In Roßwein besteht bereits punktuell eine gute Zusammenarbeit zwischen Vereinen und dem Willkommensbündnis mit Akteur_innen der Stadt. Nichtsdestotrotz interessiert Christian, mit welchen Strategien Vereine ihre Positionen und Vorhaben bei Kommunalpolitiker_innen noch besser platzieren können.

Kontakt

Jugendhaus Rosswein e.V.

Ansprechpersonen: Sozialarbeiter_innen Christian und Nora
Goldbornstraße 18
04741 Roßwein

Tel: 034322/44671
E-mail: jugendhaus.rw@googlemail.com
Web: www.jugendhaus-rosswein.de
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(31.05.2016)


Das Interview wurde im Rahmen unserer TolSaxOnTour (2016 und 2017) geführt. Zur Übersicht der Stationen

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