Bei der LAG Queeres Netzwerk Sachsen

Respekt – Akzeptanz – Vielfalt! Dafür setzen sich Martin Wunderlich und Britta Borrego von der LAG Queeres Netzwerk Sachsen ein.

RosaLinde Leipzig, Gerede in Dresden, different people in Chemnitz und TIAM in Zwickau – um nur ein paar zu nennen.

In ganz Sachsen setzen sich Vereine für die Belange von LSBTTIQ* ein, also lesbischen Frauen, schwulen Männer, bisexuellen, transgender, trans*- und intergeschlechtlichen und queeren Menschen.

Um diesen Initiativen zu vernetzen, wurde 2016 die Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk Sachsen gegründet. Sie bündelt die Expertise der lokalen Initiativen und bringt die gleichberechtige Teilhabe von LSBTTIQ* im Freistaat voran. Die Fachstelle des Netzwerkes in Dresden ist Ansprechpartner für alle Fragen rund um nicht-heteronormative Identitäten und Lebensweisen.

„Informieren, Sensibilisieren und die Interessen all unserer Mitglieder vertreten – darauf kommt es an, damit sich LSBTTIQ* in Sachsen langfristig zu Hause fühlen können“, fasst der Vorstand die Aufgaben des Queeren Netzwerkes zusammen.

Dafür organisiert das Netzwerk Kampagnen und bietet Seminare, Workshops und Vorträge zum Thema an – für seine Mitglieder, aber auch Multiplikator*innen in der politischen und Demokratiearbeit sowie die breite Öffentlichkeit. Zu diesem Zweck entwickelt die Fachstelle mit dem Netzwerk gerade verschiedene Module, die für verschiedene Veranstaltungen angeboten werden können.

Das sachsenweite Netzwerk möchte sich zum Sprachrohr seiner Mitgliedsvereine gegenüber Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung entwickeln. Die Bedürfnisse und Anliegen von LSBTTIQ* in wichtigen Gremien vertreten und Entscheidungsträger_innen in den Bereichen Gleichstellung und Antidiskriminierung beraten – das ist das Ziel.

Ganz besonders möchte die LAG Queeres Netzwerk Sachsen LSBTTIQ* im ländlichen Raum stärken. Vereine vor Ort, die zum Thema Projekte und Veranstaltungen machen wollen, können sich jederzeit an die beiden Mitarbeitenden der Fachstelle wenden.

Dort stehen die Bildungsreferentin Britta Borrego und Martin Wunderlich, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, bei allen Fragen rund um das Thema LSBTTIQ* mit Rat und Tat zur Seite.

Wir unterhielten uns mit den beiden über die Situation von queeren Menschen in Sachsen – und was das Queere Netzwerk Sachsen in der nächsten Zeit vorhat.

Im Gespräch mit … Britta Borrego und Martin Wunderlich von der LAG Queeres Netzwerk Sachsen

Die jüngsten Entwicklungen?

Was hat sich in Punkto Gleichberechtigung von LSBTTIQ* in den letzte Jahren getan?

Die Entwicklung ist ambivalent, so Britta. Einerseits hat sich die Akzeptanz von vielfältigen sexuellen Orientierungen und vielfältigem geschlechtlichem Empfinden in manchen Aspekten verbessert. So sind 83 Prozent der Deutschen laut einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für die „Ehe für alle“. Warum ist sie dann in der Bundesrepublik noch nicht gesetzlich festgeschrieben? „Bei manchen Themen ist die Gesellschaft vielleicht schon weiter als die politischen Entscheidungsträger_innen“, seufzt Martin.

Andererseits werden LSBTTIQ* weiterhin abgelehnt. „Die klassische Homophobie hat zwar abgenommen, aber in ihren subtilen Formen ist sie nach wie vor vorzufinden,“ so Britta. „Das heißt: Menschen sagen, sie haben nichts gegen Schwule. Aber sie finden es immer noch komisch, wenn sich zwei Männer küssen.“

Sogar 32 Prozent der sächsischen Bevölkerung vertreten laut Sachsenmonitor 2016 die Meinung, dass eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Menschen desselben Geschlechts „unnatürlich“ ist.

Mit Information und Empathie gegen Vorurteile

Diese Einstellung abzubauen ist Anliegen des Queeren Netzwerks. „Ich glaube, vielen Menschen fehlen einfach Informationen darüber, was es heißt, schwul, lesbisch, bisexuell, trans* oder inter* zu sein. Genau hier setzen wir an: Mit unseren Angeboten möchten wir die breite Gesellschaft für die Lebenswirklichkeit unserer Mitglieder sensibilisieren,“ fasst Martin zusammen.

Queere Lebenswelt im Alter, im Büro, queere Geflüchtete, Diskriminierung im Gesundheitssystem – die Themenvielfalt des Netzwerks ist groß.

Neben Informationen sind Räume des Austausches wichtig. „Aufklärungskampagnen alleine reichen nicht, um Ressentiments abzubauen,“ ergänzt Britta. „ Wir sind alle Menschen. Wir müssen uns jedoch offensichtlich manchmal erst kennenlernen, damit Vorurteile abgebaut werden können. Erst dann kann gegenseitiger Respekt und Akzeptanz entstehen.“

Herausforderungen

Blackbox ‚Queer auf dem Land‘

Die Akzeptanz auch im ländlichen Raum nachhaltig zu stärken ist das große Projekt des Queeren Netzwerks für die kommenden Jahre.

„Wir haben in allen größeren Städten Treffpunkte für LSBTTIQ*. Aber auf dem Land sind queere Menschen auf sich allein gestellt“, beschreibt Britta das Problem. Zwar gibt es mit ‚Que(e)r durch Sachsen‘ zwei Projekte für mobile Beratung im ländlichen Raum, aber leider mit nur jeweils einer Mitarbeiterin.

„Wir wissen fast nichts über die Situation auf dem Land. Im Grunde gilt das für ganz Sachsen. Es gibt schlicht keine Erhebungen zu Einstellungen gegenüber queeren Menschen im Freistaat bzw. zu ihren Lebenswelten und Diskriminierungserfahrungen.“ Anders als in anderen Bundesländern. Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben bereits entsprechende Studien vorgelegt. „In Sachsen sehen wir da noch Nachholbedarf“, so Britta.“

Mit einem Fachtag im Herbst 2017 soll ein erster Schritt getan werden, diese Lücke zu schließen. „Wir wollen Expert_innen aus ganz Sachsen einladen, um ihre Erfahrungen und Expertise aus den Bereichen Antidiskriminierung und Bildungs- und Sozialarbeit zu bündeln. Und wir werden uns Anregungen aus anderen Bundesländern holen, die wir für die Arbeit im Freistaat fruchtbar machen können“, gibt Britta einen ersten Ausblick.

Queer on Tour

Bereits für diesen Sommer organisiert das Queere Netzwerk mehrere Veranstaltungen für den ländlichen Raum. Gemeinsam mit vielen lokalen Initiativen und Vereinen möchten Britta und Martin Workshops, Vorträge und Ausstellungen zu LSBTTIQ*-Themen in alle Regionen Sachsens tragen.

„Ob in entspannter Atmosphäre auf dem Sommerfest, zum Vortrag, Workshop oder zum mehrtägigen Seminar – wir freuen uns über Einladungen von interessierten Initiativen“, so Britta.

Bei ihr können Vereine unterschiedliche Veranstaltungsformate für spezifische Zielgruppen erfragen. „Und natürlich passen wir unsere Workshops und Vorträge auch gerne den speziellen Wünschen vor Ort an und helfen bei der Suche nach Fördermöglichkeiten“, fügt Britta zwinkernd hinzu.

Wünsche an das Netzwerk Tolerantes Sachsen?

TolSax-Zusammenarbeit stärken

„Wir sind ja erst vor kurzem dem Netzwerk TolSax beigetreten und lernen die Mitglieder nach und nach kennen“, so Martin. Gerade für die Veranstaltungstour quer durch Sachsen freut sich Britta auf die Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern zwischen Plauen und Görlitz: “Eine effektive Vernetzung ist ohne die TolSax-Mitglieder nicht möglich.“

„Wir möchten euch daher herzlich einladen, unsere Arbeit und Angebote kennenzulernen“, so Britta. „Sehr gerne könnt ihr uns bei allen Fragen rund um LSBTTIQ* ansprechen. Gemeinsam finden wir Antworten oder vermitteln zu den Beratungsangeboten unserer Mitglieder.“

Vielfalt als Querschnittsaufgabe

Dass LSBTTIQ*-Themen aus ihrem Nischendasein herauskommen und zur gesellschaftlichen Querschnittsaufgabe werden, wünscht sich Britta. TolSax-Mitglieder können da Vorreiter sein.

„Die Akzeptanz vielfältiger Identitäten und Lebensweisen macht doch unsere pluralistische Demokratie aus – und dafür setzen sich ja alle TolSax-Mitglieder ein“, macht Martin den gemeinsamen Ansatz deutlich. „Lasst uns also zusammen eintreten für Respekt, Akzeptanz und Vielfalt!“

Kontakt

LAG Queeres Netzwerk Sachsen e.V.

Ansprechperson: Britta Borrego und Martin Wunderlich
Bautzener Straße 53
01099 Dresden

Tel: 0351 – 33 20 46 96
E-mail: britta.borrego@queeres-netzwerk-sachsen.de und martin.wunderlich@queeres-netzwerk-sachsen.de
Web: http://www.queeres-netzwerk-sachsen.de
Facebook: http://www.facebook.com/lagqueernetsachsen

(12.04.2017)


Das Interview wurde im Rahmen unserer TolSaxOnTour (2016 und 2017) geführt. Zur Übersicht der Stationen

Tolerantes Sachsen | Mitglieder und Analyse

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